Topologischer Zustand unter Kontrolle
Rydberg-Zustände als Basis für einen Quantensimulator.
Einen besonderen Zustand der Materie hat ein wissenschaftliches Team am Institut für Theoretische Physik der Universität Stuttgart unter Leitung von Hans Peter Büchler in Zusammenarbeit mit der experimentellen Gruppe von Antoine Browaeys am Institut d’optique in Palaiseau erforscht. Es handelt sich um eine topologische Phase und damit die Realisierung eines besonderen quantenmechanischen Zustands von Materie. Zum ersten Mal ist es gelungen einen solchen topologischen Zustand im Sinne eines Quantensimulators in einer kontrollierten Umgebung zu realisieren und seine speziellen Eigenschaften zu untersuchen.
Die allermeisten Zustände von Materie werden charakterisiert durch das Konzept der spontanen Symmetriebrechung. Beispiele sind Kristalle, in denen Atome periodisch angeordnet sind, oder Ferromagnete, deren magnetisches Moment eine spezielle Richtung auszeichnet. Im Unterschied dazu sind topologische Phasen nicht durch eine solche Symmetriebrechung ausgezeichnet und sind nicht innerhalb dieses Konzeptes erklärbar. Beispiele für bekannte topologische Phasen sind sowohl der ganzzahlige als auch der fraktionale Quanten-Hall-Zustand, aber auch topologische Isolatoren, wie sie in Festkörpern unter speziellen Bedingungen auftreten.
Das nun erforschte künstliche System der Materie besteht aus Atomen, die in individuellen Fallen gefangen und zu Rydberg-Zuständen angeregt sind. In dem Experiment sind es bis zu 14 Atome. Die starke Wechselwirkung zwischen diesen Rydberg-Zuständen führt dazu, dass der quantenmechanische Grundzustand dieser Teilchen durch eine solche topologische Phase bestimmt ist. Durch die Kontrolle über jedes einzelne Atom konnten die besonderen Eigenschaften dieser topologischen Phase gemessen werden. Dazu gehören robuste Randzustände, ein charakteristisches Anregungsspektrum sowie ein nicht-lokaler Ordnungsparameter. Die experimentellen Beobachtungen, geleitet durch Antoine Browaeys am Institut d’optique, sind in exzellenter Übereinstimmung zu den theoretischen Vorhersagen der Arbeitsgruppe von Hans Peter Büchler.
Die aktuelle Forschung ist Teil des ERC Projektes SIRPOL und Bestandteil des EU Flagships für Quantentechnologie und fällt in das Gebiet der Quantensimulatoren. Sie wird an der Universität Stuttgart gemeinsam mit Gruppe von Antoine Browaeys am Institut d’optique der Université Paris-Saclay in Palaiseau betrieben.
U. Stuttgart / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Léséleuc et al.: Observation of a symmetry-protected topological phase of interacting bosons with Rydberg atoms, Science 365, eaav9105 (2019); DOI: 10.1126/science.aav9105 - Institut für Theoretische Physik III, Universität Stuttgart
- Laboratoire Charles Fabry, Institut d’Optique, Graduate School, CNRS, Université Paris-Saclay, Palaiseau
- Quantum Technologies Flagship, Europäische Union, Brüssel