27.11.2013

Trampolin für Tropfen

Rillen reduzieren Verweilzeit von Flüssigkeiten auf suprahydrophoben Oberflächen.

Auf der Suche nach wasserabweisenden Oberflächen ist Wissenschaftlern um James Bird von der Universität Boston und Kripa Varanasi vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) ein entscheidender Durchbruch gelungen: relativ grobstrukturierte Rippen auf der Oberfläche eins bereits hydrophoben Materials verkürzen die Verweildauer eines Tropfens um 40 %. Von so präparierten Oberflächen springen die Tropfen förmlich ab.

Abb  1.: Relativ grobe Rillen im Matrial teilen die auftreffenden Tropfen und verkürzen deren Verweilzeit auf der Oberfläche. (Bild: James Bird et al.)

Wie vorher bereits beim Lotoseffekt wurde auch hier von der Natur abgeschaut. Die Flügel des Morphofalters weisen eine Rillenstruktur auf, die zu einer minimale Kontaktzeit zwischen Wassertropfen und Flügeln führt und eine besonders gute Flugfähigkeit der zarten Tiere ermöglicht. Wie die Wissenschaftler herausfanden haben nicht nur Morphofalter durch diese besondere Rillenstruktur einen Vorteil. Auch die Blätter der Kapuzienerkresse sind besonders wasserabweisend, da die Blattadern hier unüblicherweise auf der oberen Blattseite verlaufen. Messungen zeigten: sowohl von den Flügeln der Morphofalter als auch von den Kapuzienerkresseblättern lösen sich Wassertropfen schneller ab als von einem Lotusblatt, dem bisherigen Goldstandard in Sachen selbstreinigende und wasserabweisende Oberflächen.

Abb. 2: Vorbild für den neuen Effekt: der Morphofalter mit seinen gerippten Flügeln. (Bild: Didier Descouens, LK)

James Bird und seine Kollegen untersuchten diesen Effekt sowohl experimentell als auch theoretisch und stellten diese Arbeiten nun in einer Veröffentlichung in nature vor. Üblicherweise breitet sich ein Tropfen symmetrisch auf der Oberfläche aus, bevor er sich durch seine Oberflächenspannung wieder zusammenzieht und von der Oberfläche ablöst. Diese axiosymmetrische Ausbreitung eines Tropfens galt bisher als besonders günstig, um die Kontaktzeit zwischen Tropfen und Oberfläche möglichst gering zu halten. Um diese minimale Kontaktzeit zu erreichen, wurden bisher - mit überwiegend nanotechnologischen Methoden - Oberflächen geschaffen, die die Wechselwirkungen zwischen Flüssigkeiten und Oberflächen minimieren. Varasanis Team fand jedoch heraus, dass zunächst eine Erhöhung der Wechselwirkung zwischen Tropfen und Oberfläche den Ablöseprozess über die bisher angenommene Grenze beschleunigen kann. Eine makroskopische Rippenstruktur auf der Oberfläche führt zu einem Aufbrechen der Tropfensymmetrie und zu einem Abprall kleinerer irregulär geformter Tropfen.

Abb.3: Aufsicht (links) und Seitenansicht (rechts) von Tropfen, die auf eine glatte (oben) und eine gerippte (unten) Oberfläche treffen.  (Bild: James Bird, et aL:)

Wie die Autoren in einem Filmbeispiel zeigen, haben die durch den Aufprall an der Rillenstruktur erzeugten kleineren Tropfenbruchstücke eine um 40% kürzere Kontaktzeit mit der Oberfläche als die Tropfen ursprünglicher Größe auf ansonstem gleichen Material. Abb. 3 zeigt das Tropfenverhalten 8,9 ms nach dem ersten Tropfenkontakt mit der Oberfläche. Die kleineren an den Rillen erzeugten Tropfenbruchstücke haben sich bereits nach 7,8 ms von der Oberfläche gelöst, während der größere ungeteilte Tropfen von der unstrukturierten Oberfläche erst nach 12,4 ms abprallen wird .

„Wir haben gezeigt, dass wir die Oberflächenstruktur zur Umformung der Tropfen während des Abpralls nutzen können, um so die Kontaktzeit wesentlich zu verkürzen“, sagt Bird, Erstautor der Veröffentlichung. „Dies bietet den Vorteil, dass solche Oberflächen länger trocken bleiben. Eine Erkenntnis, die in verschiedensten Gebieten zur Anwendung kommen kann.“

So zeigten die Wissenschaftler zum Beispiel, dass Tropfen durch die Verkürzung der Kontaktzeit von Oberflächen abprallen bevor sie auf ihnen gefrieren können, wohingegen auf unstrukturierten Kontrollflächen bereits Eiskristalle festfroren. Dies ist besonders für Flugzeughersteller interessant, die mit entsprechend präparierten Oberflächen ein Einfrieren von Turbinenschaufeln verhindern können.

Varanasi weist auf die einfache Herstellungsmethode der Oberflächenstrukturen hin, die diesmal ohne Nanotechnologie auskommt. Die Rippen können mit herkömmlichen Fräsern auf Oberflächen wie Aluminium erzeugt werden, so dass die Laborprozesse leicht auf einen industriellen Maßstab übertragen werden können. Darüber hinaus ist Varanasi überzeugt: „Wir können die Kontaktzeit durch Optimierung der Strukturen noch weiter reduzieren. 70% bis 80% kürzere Kontaktzeiten sollten machbar sein.“

MIT / LK

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