23.11.2018

Transparente Fliegen

Ultramikroskop macht neuronale Netzwerke mit hoher Präzision sichtbar.

Wenn man das Nerven­system eines Tieres untersuchen will, kann man es Schicht für Schicht aufschneiden – doch dadurch zerstört man unwei­gerlich zellu­läre Strukturen im Gewebe. Die Analyse komplexer Nerven­verbindungen ist dann kaum noch möglich. Die weitaus elegantere Methode ist die optische Klärung der verschiedenen Gewebe in chemischen Verfahren, die das Tier durchsichtig machen. Interes­sante Strukturen im Gewebe können selektiv markiert und analysiert werden. An der TU Wien wurde nun eine Klärungs­methode entwickelt, die sich auf Insekten anwenden lässt – eine besonders schwierige Aufgabe. Mit einem verbes­serten Lichtband­mikroskop, einem Ultra­mikroskop, kann man nun zusammen­hängende Nerven­gewebe aufnehmen und komplexe neuronale Netzwerke mit hoher Präzision abbilden, die vorher mit fluores­zierenden Molekülen markiert wurden.

Abb.: Großaufnahme des Drosophila-Kopfes mit dem Ultramikroskop an der TU Wien. (Bild: P. Mende, TU Wien)

„Man kann viel über die Nerven­systeme von Tieren lernen, wenn man mit gen­technischen Methoden spezielle Moleküle ins Nerven­gewebe einbaut, die dann zum Fluoreszieren gebracht werden können“, sagt Marko Pende, Doktorand in der Abteilung für Bioelek­tronik des Instituts für Festkörper­elektronik der TU Wien. Die Frage ist nur, wie man diese speziellen fluores­zierenden Moleküle am besten abbildet, ohne das Gewebe zu beschädigen. Eine Methode, die in der Forschung schon mit großem Erfolg eingesetzt wurde ist die Ultra­mikroskopie. Dabei beleuchtet man durch­sichtiges Gewebe mit einem Laserstrahl, der durch spezielle optische Elemente zu einer zweidi­mensionalen, ebenen Fläche verbreitert wird. Diese Fläche durchdringt dann das Gewebe und regt jene fluores­zierenden Moleküle zum Leuchten an, die genau in dieser Ebene liegen. Schicht für Schicht kann man das Gewebe mit diesem Licht-Blatt durchana­lysieren und schließlich aus den zweidi­mensionalen Einzel­bildern am Computer ein dreidimen­sionales Modell erstellen.

„Die Tau­fliege Drosophila melano­gaster ist für die Erforschung des Nerven­systems besonders interessant, daher haben wir uns auf sie konzen­triert. Leider ist es bei Insekten besonders schwierig, eine passende Klärungs-Technik zu entwickeln“, erklärt Marko Pende. „Damit das Gewebe durchsichtig wird, muss man es mit speziellen Chemi­kalien behandeln, und in Insektengewebe wurden durch diese Chemikalien die fluores­zierenden Moleküle bisher immer zerstört.“ Außerdem enthalten Insekten Chitin, das sich kaum transparent machen lässt, Drosophila hat zusätzlich noch besonders hart­näckige Pigmente in den Augen. Dem Team gelang es nun in Zusammen­arbeit mit der Uni Wien und der Medi­zinischen Univer­sität, mit Hilfe verbesserter Chemikalien­gemische einen Weg zu finden, Drosophila-Fliegen vollständig durch­sichtig werden zu lassen, ohne die fluores­zierenden Marker-Moleküle dadurch zu zerstören. „Das ist für die Drosophila-Forschungs­community ein wichtiger Schritt nach vorne“, sagt Thomas Hummel von Department für Neuro­biologie der Univer­sität Wien.

Die Aufnahmen wurden durch eine bahn­brechende optische Entwicklung von Saiedeh Saghafi von der TU Wien möglich. Ihr gelang es, die Lichtblatt­dicke des Ultra­mikroskops deutlich zu verbessern: Das dünne Lichtblatt, mit dem das Gewebe Schicht für Schicht durch­leuchtet wird, war bisher etwa zehn Mikrometer dick. Das verbesserte Ultra­mikroskop erzeugt uniforme Lichtblätter von nur noch drei Mikro­meter Dicke über einen großen Bereich. Außerdem wurden Objektive mit einer speziellen Zusatz­linse versehen, die deren Fokus­punkt verschieben, ähnlich wie bei eine Brille: „Bisher konnten wir nur den äußeren Bereich des Gewebes fokussieren, nun können wir zentimeterweit ins Gewebe hineinblicken und immer noch scharfe Bilder bekommen“, sagt Hans Ulrich Dodt, Leiter der Abteilung für Bioelek­tronik. „Damit werden beein­druckende, hochauflösende Aufnahmen möglich, aus denen man viel über die Funktions­weise des Drosohpila-Nerven­systems lernen kann.“

Die neue Technik soll nun helfen, das Konnektom der Drosophila zu ent­schlüsseln – damit bezeichnet man die Anordnung der Verschal­tungen im gesamten Nerven­system, also den neuronalen Schaltplan des Tieres. Dieser Schaltplan soll dann mit verschiedenen Verhaltens­mustern der Drosophila in Verbindung gebracht werden. Zudem eignet sich Drosophila hervor­ragend zur Analyse von Genen, die beim Menschen zu neuro­degenerativen Erkran­kungen wie Alzheimer und Parkinson führen. Trans­parente Fliegen bieten nun die einmalige Gelegenheit, die komplexen Verän­derungen in den verschie­denen Bereichen des Nerven­systems im Verlauf der Neuro­degeneration zu verstehen.

TU Wien / JOL

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