24.05.2024

Transparentes Metamaterial als Baustoff

Material eignet sich für eine energiesparende Licht- und Temperaturregulierung in Gebäuden.

Möglichst viel natürliches Licht in Gebäuden ist beliebt und spart Energie­kosten. Herkömm­liche Glasdächer und -wände bringen jedoch auch Probleme mit sich, etwa Blendung, mangelnde Privat­sphäre und Überhitzung. Alternative Lösungen wie Beschichtungen und licht­streuende Materialien bieten bislang noch keine umfassende Abhilfe. Forschende am Institut für Mikrostruktur­technik (IMT) und am Licht­technischen Institut (LTI) des Karlsruher Institut für Technologie KIT haben nun ein neuartiges polymer­basiertes Metamaterial entwickelt, das verschiedene Eigenschaften vereint und in Zukunft Glas­komponenten im Baubereich ersetzen könnte.

Abb.: Kühlend, lichtdurchlässig und blendfrei: Das neue Metamaterial vereint...
Abb.: Kühlend, lichtdurchlässig und blendfrei: Das neue Metamaterial vereint gleich mehrere Eigenschaften.
Quelle: G. Huang, KIT

Das Polymer-based Micro-Photonic Multi-Functional Metamaterial (PMMM) besteht aus mikroskopisch kleinen Pyramiden aus Silikon. Diese Mikro­pyramiden messen rund zehn Mikrometer. Diese Beschaffenheit verleiht dem PMMM-Film mehrere Funktionen: Lichtstreuung, Selbstreinigung und Strahlungs­kühlung bei gleichzeitig hoher Transparenz. „Ein wesentliches Merkmal ist die Fähigkeit, effizient Wärme durch das langwellige Infrarot-Übertragungs­fenster der Erd­atmosphäre abzustrahlen und so Wärme in die kalte Weite des Universums abzugeben. Das ermöglicht eine passive Strahlungs­kühlung ohne Strom­verbrauch”, erklärt Bryce S. Richards.

Im Labor und mit Experimenten unter freiem Himmel bei realen Außen­bedingungen testeten die Forschenden die Eigenschaften des Materials und maßen mit moderner Spektro­photometrie Licht­durchlässigkeit, Lichtstreuung, Reflexions­eigenschaften, Selbstreinigungs­fähigkeit und Kühlleistung. Das Ergebnis: In den Versuchen wurde eine Kühlung um sechs Grad Celsius gegenüber der Umgebungs­temperatur erreicht. Zudem zeigte sich eine hohe spektrale Durchlässigkeit, also Transparenz von 95 Prozent. Glas hat im Vergleich üblicherweise eine Transparenz von 91 Prozent. Gleichzeitig werden durch die Mikropyramiden­struktur 73 Prozent des einfallenden Sonnenlichts gestreut. Das sorgt für eine verschwommene Optik. 

„Wenn das Material in Dächern und Wänden verwendet wird, ermöglicht es so helle und gleichzeitig blendfreie sowie sichtgeschützte Innenräume für Arbeiten und Wohnen. In Gewächshäusern könnte die hohe Licht­durchlässigkeit die Erträge steigern, weil die Effizienz der Fotosynthese schätzungsweise neun Prozent höher ist als in Gewächshäusern mit Glas­dächern”, sagt Gan Huang. Die Mikro­pyramiden verleihen dem PMMM-Film zudem superhydrophobe Eigenschaften, ähnlich wie bei einem Lotusblatt: Wasser perlt in Form von Tropfen ab und entfernt dabei Schmutz und Staub von der Oberfläche. Diese Selbstreinigungs­funktion macht das Material pflegeleicht und langlebig.

„Unser neu entwickeltes Material hat das Potenzial, in verschiedenen Bereichen eingesetzt zu werden und leistet einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen und energie­effizienten Architektur“, erklärt Richards. „Das Material kann gleichzeitig für optimale Nutzung von Sonnenlicht in Innenräumen sorgen, passiv kühlen und die Abhängigkeit von Klima­anlagen reduzieren. Die Lösung lässt sich skalieren und nahtlos in Planungen für umwelt­freundlichen Hausbau und Stadt­entwicklung integrieren”, sagt Huang.

KIT / JOL

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