Tür für Kyoto 2 geöffnet
Die Weltklimakonferenz in Montréal ist erfolgreich zu Ende gegangen.
Tür für Kyoto 2 geöffnet
Montréal (dpa) - Die Weltklimakonferenz in Montréal ist erfolgreich zu Ende gegangen. Das zwölftägige Treffen in Kanada hat das Kyoto-Protokoll mit Leben erfüllt und zudem dafür gesorgt, dass der Treibhausgas-Ausstoß nach 2012 weiter reduziert werden kann. Auch die Klimarahmenkonvention von Rio de Janeiro 1992 wird weitergeführt. Bei dieser Konvention sind auch die USA, die das Kyoto-Abkommen nicht ratifiziert haben, dabei.
Die 157 Kyoto-Mitglieder haben das detailreiche Regelwerk samt Kontrollsystem angenommen. Zudem kann der Kyoto-Prozess nun über das Jahr 2012 hinaus weitergehen, denn die Staaten gaben in Montréal den Startschuss für Verhandlungen zu neuen Treibhausgas-Zielen der Industrieländer. Die Diskussionen über die Einbindung von ärmeren Staaten sollen 2006 beginnen.
«Das war eine der produktivsten UN-Klimakonferenzen jemals», sagte der amtierende Chef des UN-Klimasekretariats, Richard Kinley. Er nannte es einen «historischen Schritt», dass das Kyoto-Protokoll mit all seinen Regeln angenommen wurde. «Es gab Schlüsselentscheidungen auf mehreren Feldern», sagte der Präsident der Klimakonferenz, der kanadische Umweltminister Stéphane Dion. Auch Vertreter von Umweltverbänden sprachen von einem Erfolg des Treffens.
«Ich glaube, wir haben ein wirklich gutes Ergebnis erreicht», betonte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Die wichtigste Botschaft sei, dass der Klimaschutzprozess vorangetrieben werde. Es werde nun auch beim Emissionshandel bleiben. Es lohne sich zudem, in Entwicklungsländer zu investieren und dort Umwelttechnik zu installieren. Mit Blick auf Deutschland sagte er: «Wir wollen und müssen Vorbild sein, als eine der größten Industrienationen in der Welt, wenn wir wollen, dass uns andere folgen.» Das Land habe exzellente Ingenieure, und kreative Menschen, um Lösungen gegen den Klimawandel zu finden. «Wir bitten alle, mitzuhelfen.»
Es gebe kein Land auf der Erde, das so viel Kapazitäten habe und so kluge und wirksame Beiträge zum Klimaschutz leisten könne, wie Deutschland, sagte Gabriel. So könne Energie mit Hilfe neuer Techniken auch preiswerter werden. Den Klimawandel könnten die Industrieländer jedoch nicht alleine bekämpfen. «Die Entwicklungsländer wissen, dass sie Maßnahmen ergreifen müssen, aber sie dürfen sie selbst vorschlagen.»
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung «Globale Umweltveränderungen» (WBGU) sprach von einem «kleinen Hoffnungsschimmer aus Montréal». Bei der Konferenz sei aber völlig unklar geblieben, ob und wann die USA sich zur Reduktion ihrer Emissionen verpflichten. «Die internationale Staatengemeinschaft sollte sich jedoch nicht durch einzelne Blockierer aufhalten lassen.»
Der Umweltverband WWF, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Umweltorganisation Greenpeace bewerteten die Konferenz als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. «Das ist ein Signal der internationalen Staatengemeinschaft, dass sie gemeinsam auch nach 2012 gegen die große Herausforderung Klimawandel etwas unternehmen will», sagte Regine Günther vom WWF.
Nach Ansicht des BUND gleicht das Tempo der Verhandlungen vor dem Hintergrund der immensen Bedrohung durch den Klimawandel aber «eher dem Gang einer lahmen Ente». «Die progressiven Staaten, und allen voran die EU, müssen jetzt dringend einen Gang hoch schalten», forderte Markus Steigenberger vom BUND. Greenpeace-Klimaexpertin Gabriela von Goerne bedauerte, dass sich die Kyoto-Staaten nicht für ein eindeutiges Enddatum der Verhandlungen über ein zukünftiges Klimaschutzregime bis 2008 ausgesprochen hätten. «Aber neben diesen kleinen Wermutstropfen bleibt das Fazit: Die internationale Staatengemeinschaft hat der Klimazerstörung endlich ernsthaft den Kampf angesagt.»
Insgesamt hat die Konferenz mehr als 40 Entscheidungen angenommen. Für die Klimarahmenkonvention wurde in Montréal ein Prozess mit vielen Workshops darüber vereinbart, wie der weltweite Klimaschutz nach dem Jahr 2012 weitergehen kann. Im Gegensatz zum Kyoto-Protokoll sind hier die USA dabei. Konkrete Ziele sind bislang nicht abzusehen. Die nächste Klimakonferenz folgt voraussichtlich im Dezember 2006 in Nairobi.
Die wichtigsten Vereinbarungen der Klimakonferenz von Montréal:
RIO-KLIMARAHMENKONVENTION: Die 189 Mitgliedsländer wollen einen Dialog in Gang setzen, um weitere Klimaschutzbemühungen im Rahmen der Konvention zu vereinbaren. Zunächst wurden mehrere Arbeitstreffen geplant. Die Konvention haben auch die USA ratifiziert.
KYOTO-REGELWERK: Die 157 Mitglieder haben das Kyoto-Protokoll mit Leben erfüllt. Sie haben die in Bonn und Marrakesch ausgehandelte detailreiche Gebrauchsanleitung dazu angenommen. Damit können die einzelnen Punkte wie Emissionshandel und Hilfen zur umweltfreundlichen Entwicklung ärmerer Staaten auch offiziell angewendet werden. Zudem wurde ein Sanktionsmechanismus für die Staaten beschlossen, die ihre Kyoto-Ziele nicht erreichen.
KYOTO 2: In den kommenden Jahren sollen neue Treibhausgas- Reduktionsziele für Industrieländer vereinbart werden, damit der Klimaschutz nach 2012 im Rahmen des Protokolls weitergehen kann. Die Ziele sollten dabei möglichst früh festgelegt werden, damit nach Ablauf von Kyoto 1 im Jahr 2012 keine Lücke entsteht. Unternehmen und Politik brauchen Planungssicherheit. Auch die Schwellenländer können Vorschläge über mögliche angemessene eigene Beiträge zum Klimaschutz machen.
HILFEN FÜR ENTWICKLUNGSLÄNDER (CDM): Einen Teil ihrer Klimaschutzziele können die Industrieländer durch klimafreundliche Projekte in ärmeren Staaten erfüllen. Derzeit stehen viele von den ärmeren Staaten gewünschte Projekte auf der Warteliste, weil das zuständige Gremium stark unterbesetzt ist. Daher hat die Konferenz beschlossen, den Ausschuss auszubauen. Deutschland will ihn mit einer Million US-Dollar (850 000 Euro) unterstützen. Die Mechanismen für saubere Entwicklung (CDM) sollen weiterentwickelt werden.
ANPASSUNGSPLAN VON BUENOS AIRES: Der 2004 in Buenos Airos vereinbarte Fünfjahresplan über Hilfen für arme Staaten zur Anpassung an den Klimawandel wurde verabschiedet. Nun soll unter anderem geprüft werden, wie man Klimaschäden als solche anerkennt. Zudem wurde ein Finanzierungssystem vereinbart.
WALDSCHUTZ ANERKENNEN: Der Vorschlag von Papua-Neuguinea und Costa Rica, den Erhalt der Wälder künftig im Rahmen des Klimaschutzes anrechnen zu lassen, wird geprüft. Regierungen und Umweltgruppen sollen bis zum 31. März 2006 dazu Stellung nehmen. Unklar ist, ob er unter dem Kyoto- oder dem Rio-Prozess weiter diskutiert wird. 20 Prozent des menschengemachten Kohlendioxidausstoßes entstehen laut Klimasekretariat durch die Verbrennung und Abholzung der Wälder.
KOHLENDIOXID VERSENKEN: Die Technik, Kohlendioxid in tiefe Bodenschichten zu pumpen, etwa in ehemalige Öl- oder Gaslager, soll weiter getestet werden.