14.06.2006

Ulf Merbold wird 65

Ulf Merbold war 50 Tage im All. Auch kurz vor seinem 65. Geburtstag schlägt sein Herz für die Raumfahrt.


Ulf Merbold wird 65

Köln (dpa) - Er ist der berühmteste deutsche Astronaut und gilt als leidenschaftlicher Streiter für die Wissenschaften. Ulf Merbold war drei Mal für insgesamt 50 Tage im All, und auch kurz vor seinem 65. Geburtstag am 20. Juni schlägt sein Herz für die Raumfahrt. «Wenn mich jemand mitnehmen würde, würde ich sofort mitfliegen, ich bin auch körperlich noch fit genug», sagt Merbold, der in seinem «Semi- Ruhestand» zwischen zwei Wohnsitzen in Siegburg bei Bonn und Stuttgart pendelt. Sein Credo: «Eines der herausforderndsten Ziele ist es, das Planetensystem zu erkunden. Es kommt im 21. Jahrhundert der Moment, sich zu einem Nachbarplaneten aufzumachen.»

Der Astronaut der Europäischen Weltraumagentur ESA war Ende 1983 als erster Deutscher an Bord des NASA-Space-Shuttle «Columbia» in den Orbit gestartet und hatte im europäischen Weltraumlabor «Spacelab 1» zehn Tage lang 72 Experimente vorgenommen. «Der erste Raumflug war der große Höhepunkt in meinem Leben», erinnert sich Merbold. «Der Bau und erste Einsatz von "Spacelab" war das Gesellen- und Meisterstück der europäischen Raumfahrtagentur und ­industrie und der Nachweis, dass die Europäer in der Lage sind, Technik für bemannte Raumflüge zu liefern und zu betreiben.» Bei den Experimenten habe es eine vergleichbare Vielfalt später nicht mehr gegeben, betont der gebürtige Thüringer, der 1960 nach Westberlin gekommen war und später in Stuttgart Physik studierte und dort promovierte.

Nach dem DDR-Kosmonauten Sigmund Jähn war Merbold der zweite Deutsche im Weltall. Seine zweite Mission 1992, bei der er der einzige Europäer in der siebenköpfigen Crew war, umfasste ebenfalls ein anspruchsvolles wissenschaftliches Programm. «Es kostete viel Zeit, sich darauf fundiert vorzubereiten und war damit auch eine grandiose Chance, die eigenen Wissenshorizonte zu erweitern.» Seit 1987 war Merbold am Deutschen Zentrum für Luft ­ und Raumfahrt in Köln tätig und hatte als Leiter des Astronautenbüros die D-2-Mission vorbereitet. 1994 startete er erneut ins All, diesmal als erster Deutscher, der nach einem Flug mit den Amerikanern an Bord einer russischen «Sojus» zur Raumstation Mir kam. Dort war er 32 Tage lang im Einsatz.

Auch wenn der letzte Raumflug knapp zwölf Jahre zurückliegt, bleibt er für den Star-Astronauten unvergesslich: «Die letzten zwei Stunden vor dem Countdown, wenn man schon im Raumanzug auf dem Rücken liegend wartet, dann weiß man auch, dass man auf fast 2000 Tonnen brennbarem Material sitzt», erzählt der Vater zweier erwachsener Kinder. Der Start selbst und der gut achtminütige Flug mit einer Geschwindigkeit von fast 30 000 Kilometern pro Stunde sei eine «überwältigende sinnliche Erfahrung vom Allerfeinsten».

Merbold baute in Köln das Europäische Astronautenzentrum EAC mit auf, wurde 1995 Chefastronaut und war bis zu seiner Pensionierung vor zwei Jahren in Holland im ESA-Ingenieurteam tätig. Seinem Nachfolger Thomas Reiter, der in wenigen Wochen für ein halbes Jahr auf der Internationalen Raumstation ISS arbeiten wird, hält er fest die Daumen. Er setze große Hoffnungen in die ISS, sagt Merbold, der angesichts von zahlreichen Ehrenämtern, Verpflichtungen in hochkarätigen Wissenschaftsjurys und einem ESA-Flugberater-Engagement vom Ruhestand «noch nichts gespürt» hat.

«Der 450-Tonnen-Riesenapparat wird hoffentlich noch in diesem Jahrzehnt fertig, um uns eine systematische Forschung und ein umfassendes Experimentieren in der Schwerelosigkeit zu ermöglichen.» So gut wie jeder bewohnte Punkt der Erde sei von der ISS aus sichtbar, ebenso wie die Umweltbelastungen. «Ziel ist es, den Planeten bewohnbar zu halten für unsere Nachkommen.» Sonne, Sterne und Planten könnten erkundet werden.

Eine bemannte Mission zum Mars sieht der Experte als «das große strategische Fernziel». Dazu solle zunächst eine Station auf dem Mond errichtet werden, um Erfahrungen zu sammeln. «Im Prinzip wäre das schon jetzt möglich. Es ist aber nicht nur eine Frage der technischen Machbarkeit, sondern des politischen Wollens und der Finanzen. Es ist eine Herausforderung an die industrialisierte Welt, das gemeinsam zu machen», meint der Wissenschaftler. «Wir sollten zu neuen Horizonten gehen. Für ein Land ohne Rohstoffe wie Deutschland liegt die einzige Chance, den Wohlstand zu halten, in der Bewegung, nicht im Verharren.»

Yuriko Wahl, dpa

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