04.04.2012

Ultraschalluntersuchung am Schiffspropeller

Beim Guss von Schiffsschrauben können sich Poren und winzige Risse bilden. Mit einem neuartigen Ultraschallverfahren lassen sich diese riesigen Bauteile zerstörungsfrei auf Fehler überprüfen.

Sie wiegen bis zu 150 Tonnen und haben nicht selten einen Durchmesser von neun Metern oder mehr – die Schiffspropeller der großen Tanker, Container- und Kreuzfahrtschiffe sind unsichtbare Giganten. Ein Schaden an den gewaltigen Propellern kann ein Schiff manövrierunfähig machen – mit unabsehbaren Folgen für Mensch und Umwelt. Viele der Fehler entstehen nicht durch äußere Einflüsse, sondern bei der Produktion oder der Reparatur: Beispielsweise können während des Abgusses der Rohlinge Verwirbelungen zu Sandeinschlüssen und Poren führen. Unentdeckt können kritische Fehlstellen zum Bruch eines Flügels führen.

Abb.: Mithilfe von Saugfüßen lässt sich der mobile Scanner am Propeller befestigen. Forscher zeichnen die Ultraschallprüfdaten vor Ort auf. (Bild: Fraunhofer ITWM)


Bislang werden Propeller allenfalls manuell auf innenliegende Defekte untersucht. Um diese sichtbar zu machen, führt der Prüfer einen Ultraschallprüfkopf per Hand über das Bauteil – ein fehleranfälliges Verfahren, das nicht das komplette Volumen erfasst. Im Innern des Propellers liegende Risse lassen sich mit dieser Methode unter Umständen nicht erkennen. Um Fehler rechtzeitig zu entdecken, haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM ein mechanisiertes Ultraschallverfahren entwickelt, das komplexe Bauteile zerstörungsfrei prüft. Dabei wurden die Wissenschaftler vom Germanischen Lloyd und dem Propellerhersteller Wärtsilä Propulsion Netherlands unterstützt.

„Mit unserem mobilen Ultraschall-Prüfsystem können wir Kupfer-Nickel-Aluminium-Bronzen bis zu 450 Millimeter Dicke untersuchen und kleinste, bis zu wenigen Millimetern lange Risse aufspüren. Da wir den Ultraschall in definierten Winkeln einsenden, finden wir auch schräg zur Oberfläche liegende Fehler“, sagt Martin Spies vom ITWM in Kaiserslautern. Das System ist in der Lage, große Mengen an digitalisierten Ultraschallprüfdaten aufzuzeichnen, wobei es die mehrfach und unterschiedlich stark gekrümmte Oberfläche der Propeller berücksichtigt.

Das Gerät scannt derzeit Prüfraster von 700 mal 400 Millimeter ab und erreicht dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 100 Millimeter pro Sekunde. Der mobile Scanner wird auf dem Propeller frei positioniert und kann mittels Saugfüßen sowohl bei senkrechter als auch waagerechter Prüflage befestigt werden. „Die 3D-Informationen über das Bauteilinnere erhalten wir über ein bildgebendes Verfahren namens SAFT. Es zeigt Einschlüsse und Schweißnahtfehler im Detail an. Im Prinzip funktioniert das wie bei der Computertomographie in der Medizin“, erläutert Spies.

Mithilfe spezieller Berechnungsverfahren und Algorithmen ist es den Experten gelungen, Störsignale zu reduzieren und die Ortung von defekten Stellen zu verstärken – eine komplexe Aufgabe, da die unterschiedlichen Bereiche der Flügel inhomogen grobkörnig sind. Dies kann den Schall erheblich schwächen. Durch Simulationen können die Spezialisten zudem bereits im Vorfeld berechnen, welchen Ultraschallprüfkopf sie einsetzen müssen.

Die Forscher nutzen das mobile Scansystem für ihre Vor-Ort-Prüfungen in Gießereien, bei Propellerherstellern, auf Deck sowie im Trockendock und verbessern derzeit die Scanzeiten und die 3D-Fehlerabbildung. Erst kürzlich konnten sie die Effizienz ihres Verfahrens beim weltgrößten Schiffshersteller in Korea unter Beweis stellen.

„Mit unserem Verfahren können wir nicht nur Propeller, sondern auch andere komplexe Bauteile aus schwer prüfbaren Werkstoffen untersuchen, etwa Offshore-Komponenten aus Duplexstählen“, sagt Spieß. Die ITWM-Forscher Alexander Dillhöfer, Hans Rieder und Martin Spies erhielten kürzlich den Innovationspreis des Deutschen Kupferinstituts für diese herausragenden Arbeiten zum Werkstoff Kupfer und dessen Legierungen.

FHG / PH

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