01.10.2024

Ultraschnelles Umschalten winziger Lichtquellen

Durch Terahertz-Pulse bildeten sich Trionen in einem zweidimensionalen Halbleiter extrem schnell zu Exzitonen zurück.

Materialien, die extrem dünn sind und aus einer nur wenige Atomlagen dicken Schicht bestehen, versprechen zukunftsträchtige Anwendungen etwa für die Elektronik und die Quantentechnologien. Einem internationalen Team unter Leitung der TU Dresden ist mit einem Experiment am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf jetzt ein bemerkenswerter Fortschritt gelungen. Die Forscher konnten in einem ultradünnen zweidimensionalen Material einen überaus schnellen Schaltprozess zwischen elektrisch neutralen und geladenen leuchtenden Teilchen hervorrufen.

Abb.: Ein starker Lichtpuls im Terahertz-Bereich trennt geladene leuchtende...
Abb.: Ein starker Lichtpuls im Terahertz-Bereich trennt geladene leuchtende Trionen in einzelne Elektronen und neutrale Exzitonen auf.
Quelle: G. Meneghini

Zweidimensionale Halbleiter können grundsätzlich andere Eigenschaften zeigen im Vergleich zu den üblichen Volumenkristallen. Unter anderem lassen sich in ihnen Exzitonen leichter erzeugen. Wird im Material ein Elektron durch Energiezufuhr angeregt, kann es seinen angestammten Platz verlassen. Dabei hinterlässt es eine bewegliche Ladung – ein positiv geladenes Loch. Beide ziehen sich gegenseitig an und bilden gemeinsam ein Exziton. Sollte ein weiteres Elektron in der Nähe sein, wird es vom Pärchen angezogen, um einen Dreiteilchenzustand zu bilden – ein Trion. Das Besondere an dem Trion ist die Kombination elektrischer Ladung mit starker Lichtabstrahlung, was gleichzeitig eine elektronische und eine optische Ansteuerung erlaubt.

Schon länger sehen Wissenschaftler in dem Wechselspiel von Exziton und Trion einen Schaltprozess, der sowohl an sich extrem spannend ist als auch in Zukunft interessante Anwendungen erlauben könnte. Tatsächlich gelang es in vielen Labors bereits, gezielt zwischen beiden Zuständen zu wechseln – bisher jedoch mit begrenzten Schaltgeschwindigkeiten. Ein internationales Team um Alexey Chernikov von der TU Dresden und Stephan Winnerl vom HZDR konnte dieses Schalten nun erheblich beschleunigen.

Für das Experiment wählten die Forscher ein Spezialgerät am HZDR: Der Freie-Elektronen-Laser FELBE liefert intensive Terahertz-Pulse. Bei ihrem Versuch beleuchteten sie zunächst eine einatomige, stark gekühlte Schicht aus Molybdän-Diselenid mit gepulster Lichtstrahlung. Dieses Licht erzeugte Exzitonen in dem hauchdünnen Material. Kaum entstanden, fingen sich die Exziton-Paare jeweils eines der Elektronen ein, die sich in dem 2D-Material in ausreichender Zahl tummelten – und wurden dadurch zu Trionen.

„Als wir dann Terahertz-Pulse auf das Material schossen, bildeten sich die Trionen extrem schnell zu Exzitonen zurück“, beschreibt Winnerl. „Nachweisen konnten wir das, weil Exzitonen und Trionen unterschiedliche Strahlung im nahen Infrarot abgaben.“ Entscheidend war bei dem Experiment, dass die Terahertz-Pulse die passende Frequenz besaßen, um die schwache Bindung zwischen Exziton und Elektron zu lösen – und so entstand wieder ein Paar aus nur einem Elektron und einem Loch. Bald darauf fängt dieses Exziton wieder ein Elektron ein und wird erneut zum Trion.

Die Trennung selbst verlief im Rekordtempo. Innerhalb einiger Pikosekunden war die Bindung gelöst. „Das ist nahezu tausendmal schneller, als es bislang mit rein elektronischen Methoden möglich war, und kann bei Bedarf mit der Terahertz-Strahlung erzeugt werden“, betont Chernikov. Für die Forschung bietet das neue Verfahren interessante Perspektiven. Ein nächster Schritt könnte sein, die aufgezeigten Prozesse auf eine Vielzahl komplexer elektronischer Zustände und Materialplattformen auszuweiten. Ungewöhnliche Quantenzustände der Materie, die als Zusammenspiel vieler Teilchen entstehen, würden damit ebenso in Reichweite rücken wie Anwendungen bei Raumtemperatur.

Das Resultat könnte in Zukunft auch technische Anwendungen möglich machen, etwa in der Sensorik oder optischen Datenverarbeitung „Denkbar wäre, den Effekt als Basis für neuartige Modulatoren zu verwenden, die schneller schalten können“, erläutert Winnerl. „In Verbindung mit den ultradünnen Kristallen ließen sich auf diese Weise Bauelemente entwickeln, die sowohl extrem kompakt sind als auch optisch kodierte Informationen elektronisch steuern können.“

Ein weiteres Feld wären Anwendungen bei der Detektion technologisch wichtiger Terahertz-Strahlung inklusiver bildgebender Verfahren. „Mit den neuen Schaltprozessen in atomar dünnen Halbleitern ließen sich vielleicht langfristig Detektoren entwickeln, die im Terahertz-Bereich arbeiten, in einem breiten Frequenzbereich einstellbar sind und sich als Terahertz-Kameras mit vielen Pixeln realisieren ließen“, schätzt Chernikov. „Schließlich sollte auch eine vergleichsweise kleine Intensität genügen, um den Schaltprozess auszulösen.“ Bei diesem Umschalten von Trion auf Exziton ändert sich nämlich das ausgestrahlte Licht im nahen Infrarot-Bereich. Das nachzuweisen und in Bilder umzuwandeln, wäre ziemlich einfach und ließe sich mit bewährter Technik bewerkstelligen.

HZDR / RK

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