Und jetzt das Weltraum-Wetter
TU Graz und Uni Graz liefern neuen Vorhersageservice für das Space Safety Programm der ESA.
Auswirkungen von Sonnenstürmen auf die Erdatmosphäre können Satelliten zum Absturz bringen. Um dem vorzubeugen, setzt die ESA auf den von der TU Graz und der Uni Graz entwickelten Vorhersageservice Satellite Orbit Decay SODA. Nach erfolgreicher Testphase ist der Service SODA seit Mitte Juli offiziell Teil des Space Safety Programms der ESA. SODA liefert genaue Prognosen der Auswirkungen von Sonnenstürmen auf die Bahn von erdnahen Satelliten.
Der Vorhersageservice ist über den ESA Space Weather Service frei verfügbar und bietet eine Vorwarnzeit von etwa 15 Stunden. Da die Sonnenaktivität in den kommenden zwei Jahren ihr Maximum erreichen soll, ist die Inbetriebnahme von SODA zum aktuellen Zeitpunkt von zusätzlicher Relevanz. Wie stark sich Sonnenstürme auf die Satellitenumlaufbahn auswirken können, hat sich schon im Projekt SWEETS gezeigt, auf dessen Ergebnissen SODA aufgebaut ist. In diesem Projekt wurden Daten zur Dichte der Atmosphäre mit Echtzeitmessungen des Sonnenwindplasmas und des interplanetaren Magnetfelds kombiniert, um so die Auswirkungen von Sonnenereignissen zu berechnen. Bei einem großen koronalen Massenauswurf der Sonne wurde dabei festgestellt, dass Satelliten in einer Höhe von 490 Kilometern bis zu vierzig Meter an Höhe verloren. Anfang Februar 2022 stürzten 38 Starlink-Satelliten bei der Inbetriebnahme auf einer Flughöhe von 210 Kilometern aufgrund eines Sonnensturmes sogar ab.
Hauptursache dafür ist, dass die geladenen Plasmateilchen, die nach einer Sonneneruption auf das Erdmagnetfeld treffen, die oberen Schichten der Erdatmosphäre so stark erhitzen, dass diese sich ausdehnen und der Luftwiderstand zunimmt. Das kostet Satelliten Geschwindigkeit und Höhe. Aufgrund der erwarteten Zunahme der Sonnenaktivität in den kommenden zwei Jahren hat die ESA einige ihrer Satelliten bereits um mehrere Kilometer angehoben, um sicher durch diesen Zeitraum zu kommen. Mit seinen Vorhersagen soll SODA zusätzliche Sicherheit schaffen. Für den Vorhersageservice steuerte die TU Graz ihre am Institut für Geodäsie vorhandene Expertise in der Verarbeitung von Satellitendaten bei, die Uni Graz brachte ihre Erfahrung im Bereich der Sonnen- und Heliosphärenphysik und der interplanetaren Magnetfeldbeobachtung ein.
Das Team um Sandro Krauss am Institut für Geodäsie der TU Graz beschäftigte sich mit der Bestimmung von Atmosphärendichten über einen Zeitraum von zwanzig Jahren. Dafür griffen die Forscher auf Daten mehrerer erdnaher Satellitenmissionen zurück, darunter die Missionen CHAMP, GRACE, GRACE Follow-on und Swarm. An der Uni Graz analysierte die Forschungsgruppe um Manuela Temmer vom Institut für Physik etwa dreihundert katalogisierte Sonneneruptionen aus den Jahren 2002 bis 2017 auf Basis von Messungen des interplanetaren Magnetfelds durch Sonden am Lagrange-Punkt L1. Die Informationen der Uni Graz nutzte die TU Graz, um Veränderungen der Atmosphärendichte in Verbindung mit den Sonneneruptionen zu setzen. Aus der Gesamtanalyse der so gesammelten Daten entstand das Vorhersagemodell SODA.
Im Rahmen des Projekts CASPER wollen die Wissenschaftler SODA künftig weiter verbessern. Es soll dazu dienen, komplexere Sonnenstürme besser zu verstehen, etwa wenn zwei Stürme sich auf dem Weg zur Erde überlagern. Zudem wollen die Forscher die Atmosphärendichte auf 450 und 400 Kilometern Höhe berechnen – bisher ist das nur bis 490 Kilometer möglich. Da der Bereich der Sonnensturm-Vorhersage noch nicht sehr gut erforscht ist, warten hier noch viele interessante Erkenntnisse auf das Team.
TU Graz / RK
Weitere Infos
- ESA Space Weather Service Network, European Space Agency
- Institut für Geodäsie, Technische Universität Graz, Österreich
- Institut für Physik, Universität Graz, Österreich