22.05.2025

Ungewöhnliche Exzitonen

Leuchtende Quasiteilchen auf der Oberfläche von Halbleitermagneten nachgewiesen.

Alexey Chernikov und sein Team sind auf den Nachweis optischer Quasiteilchen mit ultraschneller Mikroskopie spezialisiert. Jetzt konnten sie gemeinsam mit internationalen Wissenschaftlern ein neues Quantenphänomen sichtbar machen: Sie haben leuchtende Quasiteilchen – Exzitonen – auf der Oberfläche eines Halbleitermagneten gefunden. Bislang wusste man nur, dass sie innerhalb solcher Materialien entstehen können. Für ihre Entdeckung untersuchten die Forscher die nur wenige Atomlagen dünnen Kristallschichten des antiferromagnetischen Quantenhalbleiters Chromium-Sulfid-Bromid. 


Abb.: Leuchtende Magnete
Abb.: Leuchtende Magnete
Quelle: think-design / J. Thamm

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Nur wenige Atomlagen dünn sind die Quantenmaterialien, die Alexey Chernikov – Professor für ultraschnelle Mikroskopie und Photonik des Exzellenzclusters ct.qmat der Universitäten Würzburg und Dresden – und sein Team häufig untersuchen. Dabei im Fokus: die Erforschung leuchtender Quasiteilchen. Ein solches Quasiteilchen entsteht, wenn ein Lichtimpuls ein Elektron anregt und dabei ein positiv geladenes Loch hinterlässt. Elektron und Loch ziehen sich gegenseitig an und verhalten sich gemeinsam wie ein neues, eigenständiges Teilchen. Diese Exzitonen können die Aufnahme und Abstrahlung von Licht sowie die Leitung von Energie und Quanteninformationen entscheidend mitbestimmen. Sie werden unter anderem auch als Lichtspeicher diskutiert.

Üblicherweise findet man Exzitonen in nicht-magnetischen Materialien, da Magnete meistens metallisch sind und keine stabilen Exzitonen ausbilden können. Nicht so im antiferromagnetischen Quantenhalbleiter Chromium-Sulfid-Bromid, den das internationale Forschungsteam untersucht hat. Das Besondere an diesem Quantenmaterial ist die Kombination einer magnetischen Ordnung mit halbleitenden Eigenschaften. Zudem sind die einzelnen Kristallschichten nur schwach über die Van-der-Waals-Bindung gebunden und können dadurch auch als ultradünne Schichten bis zu einer Dicke von nur wenigen Atomen hergestellt werden. Die magnetischen Momente einzelner Schichten – die Spins – sind bei tiefen Temperaturen entgegengesetzt ausgerichtet. Die Struktur leuchtender Exzitonen hängt von dieser magnetischen Ordnung ab, so dass Lichtaufnahme und -abstrahlung mithilfe magnetischer Felder präzise manipuliert werden können.

Um die Quasiteilchen sichtbar zu machen, nutzen die Forscher um Chernikov optische Methoden. Damit können sie Exzitonen in einzelnen Atomlagen sehen, die weniger als ein Nanometer dünn sind. „Im Labor haben wir aber Exzitonen gesehen, die nicht nur tief im Material existieren, sondern auch auf seiner Oberfläche. Das war ein wichtiger Schritt für das Verständnis dieser spannenden und ungewöhnlichen Quantenstrukturen. Weil die Oberflächen-Exzitonen das Licht mit einer etwas anderen Farbe reflektieren und abgeben als die Quasiteilchen im Inneren des Materials, konnten wir sie gezielt ansteuern“, sagt Chernikov, der am ct.qmat-Standort Dresden arbeitet. „Der Impuls, Oberflächen-Exzitonen zu suchen, entstand in Gesprächen mit einem Kollegen der Universität Regensburg, der an diesem Projekt beteiligt ist. Das Material selbst wurde gleichzeitig in Dresden und New York untersucht, mit unterschiedlich hergestellten Proben und verschiedenen Messapparaturen. Wir haben aber die gleichen Ergebnisse bekommen, das spricht für eine hohe Reproduzierbarkeit. Das freut mich besonders!“

Exzitonen können entstehen, wenn Photonen auf ein halbleitendes Material auftreffen. Die Quasiteilchen nehmen das Licht auf, speichern dessen Energie und können sich durch die Materialschicht bewegen. Wenn sie sich auflösen, geben sie die Energie als Licht wieder ab. „Exzitonen sind gerade für optische Eigenschaften von Nanomaterialien extrem wichtig“, betont Florian Dirnberger, ehemals als Projektleiter in Dresden an der jetzt veröffentlichten Entdeckung beteiligt, mittlerweile Leiter einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe an der TU München. 

„Exzitonen kennt man schon seit vielen Jahrzehnten. Aber erst in den letzten vier Jahren hat die Materialphysik entdeckt, welches Potenzial die Quasiteilchen haben, wenn sie in magnetischen Kristallen gezielt erzeugt werden. Dann können sie zusätzlich zur Energie auch Informationen speichern und transportieren, diese aber auch als Licht wieder abgeben. Die Erforschung der exotischen Quasiteilchen steht zwar noch am Anfang, könnte aber künftig die Basis für neuartige Technologien sein, die Photonik und Magnetismus verbinden. Unsere Ergebnisse sind ein wichtiger Beitrag in diesem Feld“, so Dirnberger.

Das Forschungsprojekt ist eine Kooperation internationaler Forschungseinrichtungen mit Beteiligung von Wissenschaftlern aus den USA, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Tschechien. Durch die Kombination von optimierter Materialsynthese, hochsensitiver Spektroskopie und komplexer Vielteilchentheorie konnte die Struktur leuchtender Quasiteilchen in neuartigen Halbleitermagneten erforscht werden. Die Erkenntnisse sind sowohl für das grundlegende Verständnis magnetischer Materialien als auch für technologische Entwicklungen auf diesem Gebiet bedeutend.

ct.qmat / DE


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