20.03.2024

Organische Halbleiter: Quantenmechanische Eigenschaften von Exzitonen abgebildet

Exziton verteilt es sich auf zwei oder mehr Moleküle – aber nur für wenige Femtosekunden.

Von OLED-TVs bis zu Solarzellen auf dem Dach – viele elektronische Geräte in unserem Alltag erfüllen ihre Funktionen, indem Licht und die Materialien von Halbleitern in Wechselwirkung treten. Eine neuartige Klasse solcher Halbleiter basiert auf organischen Molekülen, die größtenteils aus Kohlenstoff aufgebaut sind. Die Wirkungsweise der organischen Halbleiter wird maßgeblich bestimmt durch ihr Verhalten in den ersten Augenblicken, nachdem Licht Elektronen anregt und sich Exzitonen bilden. Forscher der Universitäten Göttingen, Graz, Kaiserslautern-Landau und Grenoble-Alpes haben erstmals sehr schnell und sehr präzise Bilder von solchen Exzitonen aufgenommen. Die Einblicke sind entscheidend, um effizientere Materialien mit organischen Halbleitern zu entwickeln.

Abb.: Wenn Licht Elektronen im organischen Halbleiter Buckminster-Fulleren...
Abb.: Wenn Licht Elektronen im organischen Halbleiter Buckminster-Fulleren anregt, wird das neu gebildete Exziton (heller Punkt) zunächst auf zwei Moleküle verteilt, bevor es sich auf einem Molekül (rechts) niederlässt.
Quelle: A. Windischbacher, GAU

Wenn Licht auf einen Halbleiter trifft, können einige Elektronen die Energie des Lichts aufnehmen. Das versetzt sie in einen angeregten Zustand. In organischen Halbleitern, die zum Beispiel in OLEDs verbaut sind, ist die Wechselwirkung zwischen den angeregten Elektronen und Löchern so stark, dass sie nicht mehr als einzelne Teilchen beschrieben werden können. Stattdessen bilden sich gebundene Elektron-Loch-Paare, Exzitonen genannt. Die quantenmechanischen Eigenschaften dieser Exzitonen in organischen Halbleitern zu verstehen, galt lange Zeit als große Herausforderung – sowohl aus theoretischer als auch aus experimenteller Sicht.

Die neue Methode bringt nun Licht ins Dunkle. „Mit unserem Photoemissions-Elektronenmikroskop können wir erkennen, dass die Anziehungskräfte innerhalb der Exzitonen ihre Energie- und Geschwindigkeitsverteilung deutlich verändern“, erläutert Wiebke Bennecke, von der Universität Göttingen. „Wir messen die Änderungen mit extrem hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung und vergleichen sie mit den theoretischen Vorhersagen der Quantenmechanik.“ Diese neue Technik bezeichnen die Forscher als Photoemissions-Exzitonentomographie. Die Theorie dahinter entwickelte ein Team um Peter Puschnig an der Universität Graz.

Mit ihrer Technik können die Forscher erstmals die quantenmechanische Wellenfunktion der Exzitonen messen und sichtbar machen. Die Wellenfunktion beschreibt den Zustand eines Exzitons und bestimmt seine Aufenthaltswahrscheinlichkeit. „Bei dem organischen Halbleiter, den wir untersucht haben – dem Buckminster-Fulleren, der aus einer kugelförmigen Anordnung von 60 Kohlenstoff-Atomen besteht – stellte sich die Frage, ob sich ein Exziton immer auf einem einzigen Molekül befindet oder ob es über mehrere Moleküle gleichzeitig verteilt sein kann“, erklärt Matthijs Jansen von der Uni Göttingen. „Diese Eigenschaft kann großen Einfluss auf die Effizienz von Halbleitern in Solarzellen haben.“ Die Photoemissions-Exzitonentomographie liefert die Antwort: Unmittelbar nach der Erzeugung des Exzitons durch Licht verteilt es sich auf zwei oder mehr Moleküle. Innerhalb weniger Femtosekunden schrumpft das Exziton allerdings wieder auf ein einziges Molekül zusammen.

In Zukunft wollen die Forscher das Verhalten der Exzitonen mit der neuen Methode auf Video aufnehmen. Das berge Potenzial, so Stefan Mathias von der Uni Göttingen: „Wir wollen zum Beispiel sehen, wie die Relativbewegung von Molekülen die Dynamik von Exzitonen in einem Material beeinflusst. Diese Untersuchungen helfen uns, Energieumwandlungsprozesse in organischen Halbleitern zu verstehen. Und wir hoffen, dass dieses Wissen dazu beitragen wird, effizientere Materialien für Solarzellen zu entwickeln.“

GAU Göttingen / RK

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