16.11.2006

Unis warnen vor Scheitern des Hochschulpakts

Die Universitäten haben angesichts rasant steigender Studentenzahlen in den nächsten Jahren Bund und Länder vor einem Scheitern des Hochschulpakts gewarnt.

Berlin (dpa) - Die Universitäten haben angesichts rasant steigender Studentenzahlen in den nächsten Jahren Bund und Länder vor einem Scheitern des Hochschulpakts gewarnt. Ohne die vorgesehenen 1,3 Milliarden Euro bis 2010 könne das hohe Bildungsniveau nicht gehalten und der Ansturm der Studienanfänger nicht bewältigt werden, sagte die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel, am Mittwoch in Berlin. Im Jahr 2013 werde der Studentenboom mit 600 000 zusätzlichen Bewerbern seinen Höhepunkt erreichen. Bund und Länder wollen den Pakt am kommenden Montag festzurren.

Die Wissenschaftsminister hatten sich vorige Woche in Dresden nicht einigen können, wie die zusätzliche Finanzspritze des Bundes verteilt werden soll. Um die Hochschulen in den nächsten Jahren für den Studenten-Ansturm aus den geburtenstarken Jahrgängen zu wappnen, hat der Bund bis 2010 rund 565 Millionen Euro für 90 000 zusätzliche Studienplätze zugesagt. Die Länder sollen die gleiche Summe bereitstellen. Einig sind sie sich, dass 85 Millionen Euro an die ostdeutschen Hochschulen gehen sollen, die damit trotz rückläufiger Studentenzahlen ihre Plätze bis 2010 erhalten könnten.

Wintermantel rief die Wissenschaftsminister auf, nicht mit Einzelinteressen diese große Chance für das Bildungssystem aufs Spiel zu setzen. «Das ist die erste Nagelprobe für die Föderalismusreform», sagte die frühere Präsidentin der Universität des Saarlands. Sie sei aber zuversichtlich, dass die Länder sich am Montag bei der Sitzung der Bund-Länder-Kommission (BLK) auf eine Mittelverteilung nach dem «Königsteiner Schlüssel» verständigen würden. Dieser regelt bei gemeinsamen Projekten die Verteilung der Gelder nach Steueraufkommen und Bevölkerungszahl. Gibt die BLK grünes Licht, könnten die Ministerpräsidenten den Pakt am 13. Dezember endgültig besiegeln. Scheitert dieser Zeitplan, könnte die Auszahlung der ersten Zuschüsse Anfang 2007 gefährdet sein.

Der hochschulpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Uwe Barth, kritisierte die von den Ländern geplante Aufteilung der Mittel. «Statt die Gelder nach dem Prinzip "Geld folgt Student" zu verteilen, wird nach Uralt-Prinzipien der pauschalen Ausschüttung verfahren.» Der Grünen-Bildungspolitiker Kai Gehring lobte die HRK- Empfehlungen zum Pakt. Damit machten sich die Hochschulen zum Anwalt aller Studenten.

Die 262 in der HRK zusammengeschlossenen Hochschulen fordern zudem, dass Bund und Länder schnell die weitere Finanzierung bis 2020 angehen. Die Unis bräuchten dringend Planungssicherheit, um Stellen langfristig besetzen zu können, sagte Wintermantel. Es müsse Geld her, um 8000 Nachwuchsprofessuren vorzeitig vergeben zu können. Zudem sehe der Pakt bislang keine Mittel für den Ausbau der Infrastruktur vor. Mehr Studenten benötigten aber auch mehr Räume, sagte die HRK- Präsidentin.

Nach Ansicht der Hochschulrektoren, die am Dienstag in Berlin getagt hatten, setzen Bund und Länder bei ihren Finanzplanungen insgesamt zu niedrige Kosten je Studienplatz an. Statt der veranschlagten 5500 Euro jährlich seien 7400 Euro realistisch. Bei der Förderung von Elite-Unis rief die HRK die Geisteswissenschaften dazu auf, sich bei der zweiten Ausschreibungsrunde stärker zu beteiligen. Die Hochschulen wollen sich auch stärker um die Frauenförderung bemühen. Aktuell sind nur knapp 14 Prozent der Professuren mit Frauen besetzt. «Ein männlicher Hochschulabsolvent hat fünf Mal bessere Chancen, später Professor zu werden, als eine Absolventin», sagte Wintermantel.

Stichwort: Hochschulrektorenkonferenz
In der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) haben sich alle staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen in Deutschland freiwillig zusammengeschlossen. Derzeit hat sie 262 Mitglieder - Universitäten, Fachhochschulen, pädagogische Hochschulen sowie Kunst- und Musikhochschulen. Die HRK vertritt damit 98 Prozent aller Studenten.

Die HRK sieht sich als Stimme der Hochschulen. Intern soll der Meinungsaustausch zwischen den Universitäten gestärkt werden, extern Politik und Öffentlichkeit informiert und beraten werden. Dabei geht es um Themen wie Forschung, Lehre und Studium, wissenschaftliche Weiterbildung, Wissens- und Technologietransfer, internationale Kooperationen sowie Selbstverwaltung.

Die HRK wurde 1949 als Westdeutsche Rektorenkonferenz (WRK) gegründet. Nach der Wiedervereinigung wurden am 5. November 1990 die ersten Hochschulen aus den neuen Ländern aufgenommen und die WRK in Hochschulrektorenkonferenz (HRK) mit Sitz in Bonn umbenannt. Präsidentin ist derzeit die Sozialpsychologin Margret Wintermantel, die bis Ende Oktober der Universität des Saarlandes vorstand.

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