14.07.2017

Unsere Sonne ist ganz normal

Magnetische Aktivität folgt gleichem Gesetz wie bei sonnen­ähn­lichen Sternen.

Ist unsere Sonne ein sonnenähnlicher Stern? Auf den ersten Blick mutet diese Frage seltsam an. Doch der Vergleich der magne­tischen Akti­vität der Sonne mit jener von Sternen ähn­licher Masse und Leucht­kraft ließ Astro­nomen bislang vermuten, dass sich unser Zentral­gestirn funda­mental von sonnen­ähn­lichen Sternen unter­scheidet. Trägt man die Periode des magne­tischen Zyklus gegen die Rota­tions­dauer auf, so ordnen sich die sonnen­ähn­lichen Sterne entlang von zwei Linien an – doch unsere Sonne steht genau zwischen diesen Linien. Eine mög­liche Inter­pre­tation wäre die Existenz zweier unter­schied­licher magne­tischer Zustände der Sterne, wobei sich unsere Sonne gerade in einem Über­gang zwischen diesen Zuständen befinden müsste.

Abb.: Die drei Bilder zeigen einen Aus­schnitt aus den magneto­hydro­dyna­mischen Simu­la­tionen der Forscher. (Bild: A. Strugarek et al. / AAAS)

In den vergangenen Jahren hat sich jedoch bereits ange­deutet, dass dieses Bild zu einfach ist: Nachdem für immer mehr Sterne Daten über die Periode des Zyklus und die Rota­tions­dauer vorliegen, erweisen sich die beiden vermeint­lichen Zweige unter­schied­licher magne­tischer Zustände als Arte­fakt der zunächst geringen Anzahl von Daten­punkten. „Die Daten von Langzeit­über­wachungen der stel­laren Akti­vität zeigen eine komplexe Vari­ation sowohl der Ampli­tude als auch der Periode der Zyklen in Abhängig­keit von Masse, Leucht­kraft, Rota­tion und Alter der Sterne“, stellen Antoine Strugarek von der Univer­sität Montréal in Kanada und seine Kollegen fest. „Die Situ­ation ist weit­aus komplexer, als es bis­herige ein­fache Dynamo-Modelle vermuten lassen.“

Um den komplexen Zusammenhängen auf den Grund zu gehen, haben Strugarek und seine Kollegen detail­lierte selbst­konsis­tente, drei­dimen­sio­nale magneto­hydro­dyna­mische Computer­simu­la­tionen der Konvek­tions­zonen von sonnen­ähn­lichen Sternen durch­geführt. Die Magnet­felder sonnen­ähn­licher Sterne haben ihren Ursprung in der Konvek­tions­zone, in der heiße Materie aus dem Stern­inneren bis an die Ober­fläche auf­steigt. In unserer Sonne reicht die Konvek­tions­zone von der Ober­fläche bis in eine Tiefe von 0,3 Sonnen­radien. Die Strömungen des Plasmas erzeugen über den Dynamo-Effekt Magnet­felder, die zugleich auf die Plasma­strömungen zurück­wirken. Die Magnet­felder wickeln sich auf und bilden schlauch­ähnliche Struk­turen, die ent­schei­dend die Akti­vität wie Sonnen­flecken, Fackeln und Protu­be­ranzen beein­flussen.

Die Simulationen von Strugarek und seinen Kollegen zeigen, wie die Rota­tion eines Sterns den Energie­transfer zwischen den Plasma­strömen und dem Magnet­feld beein­flusst – und über diese Wechsel­wirkung schließ­lich für eine Umkeh­rung des globalen Magnet­felds sorgt und damit die Zyklus­länge bestimmt. Wie die Forscher zeigen, lässt sich dieser komplexe Zusammen­hang auf die dimen­sions­lose Rossby-Zahl ein­dampfen. Dieser aus der Geo­physik bekannte Para­meter beschreibt den Ein­fluss des Coriolis­effekts auf eine Flüssig­keit oder ein Gas in einem rotie­renden System.

Die Dauer des magnetischen Zyklus ist, so das Ergebnis der Simula­tionen, umge­kehrt propor­tional zur Rossby-Zahl eines Sterns. Dieser Befund deckt sich auch mit den ent­sprechend normierten Beob­achtungs­daten für sonnen­ähn­liche Sterne. Und auch unser Zentral­gestirn fügt sich diesem Zusammen­hang: Die Sonne ist also tat­säch­lich ein sonnen­ähn­licher Stern.

Rainer Kayser

RK

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