Unsichtbarer Sternentod
Schwarze Löcher in Sternhaufen können Neutronensterne spurlos verschlingen.
Verschmelzen schwarze Löcher mit Neutronensternen in dichten Sternhaufen, unterscheidet sich dieses Ereignis deutlich von solchen in isolierten Regionen, in denen sich nur wenige Sterne befinden. Die damit verbundenen Merkmale könnten für die Untersuchung von Gravitationswellen und ihrer Herkunft von entscheidender Bedeutung sein. Zu diesem Ergebnis kommt Manuel Arca Sedda vom Astronomischen Rechen-Institut der Universität Heidelberg in einer Studie, die er auf Basis von Computersimulationen durchgeführt hat. Sie könnte wichtige Aufschlüsse für eine 2019 von Astronomen beobachtete Fusion von zwei massereichen stellaren Objekten bieten.
Sterne, die viel massereicher sind als unsere Sonne, beenden ihr Leben meist als Neutronenstern oder schwarzes Loch. Neutronensterne lassen sich durch ihre regelmäßig ausgesandten Strahlungsimpulse nachweisen, so zum Beispiel im August 2017, als erstmals die Fusion von Doppelneutronensternen beobachtet wurde und Wissenschaftler auf der ganzen Welt mit ihren Teleskopen das Leuchten der Explosion entdeckten. Schwarze Löcher hingegen bleiben meist unentdeckt, da ihre Schwerkraft so stark ist, dass nicht einmal Licht entweichen kann.
Verschmelzen zwei schwarze Löcher, ist dieses Ereignis zwar nicht sichtbar, es verrät sich allerdings durch Erschütterungen der Raumzeit in Form von Gravitationswellen. Diese Wellen können von entsprechenden Detektoren wie etwa dem Laser-Interferometer-Gravitationswellen-Observatorium (LIGO) in den USA nachgewiesen werden. Der erste direkte Nachweis gelang im Jahr 2015. Das Signal wurde durch die Fusion von zwei schwarzen Löchern erzeugt. Aber nicht nur dieses Ereignis kann die Quelle von Gravitationswellen sein, sondern auch das Verschmelzen von zwei Neutronensternen oder die Fusion von einem schwarzen Loch und einem Neutronenstern. Diese Unterschiede nachzuweisen, gehört zu den großen Herausforderungen bei der Beobachtung derartiger Ereignisse, so Arca Sedda.
In seiner Studie hat der Heidelberger Wissenschaftler die Verschmelzung von Paaren aus schwarzen Löchern und Neutronensternen analysiert. Dazu wurden mit detaillierten Computersimulationen die wechselseitigen Beeinflussungen zwischen einem aus einem Stern und einem kompakten Objekt, etwa einem schwarzen Loch, bestehenden System mit einem dritten vorbeifliegenden massereichen Objekt untersucht, das für eine Verschmelzung notwendig ist. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Art von Drei-Körper-Wechselwirkungen tatsächlich zur Verschmelzung von schwarzen Löchern und Neutronensternen in dichten Sternregionen wie zum Beispiel in Kugelsternhaufen beitragen können. „Dabei lässt sich eine spezielle Familie dynamischer Verschmelzungen definieren, die sich von isolierten Fällen deutlich unterscheiden“, erklärt Manuel Arca Sedda.
Die Verschmelzung eines schwarzen Lochs mit einem Neutronenstern wurde erstmals im August 2019 von Gravitationswellenobservatorien beobachtet. Observatorien auf der ganzen Welt konnten jedoch kein elektromagnetisches Gegenstück in dem Bereich finden, aus dem das Signal der Gravitationswellen kam. Das könnte darauf hindeuten, dass das schwarze Loch den Neutronenstern komplett verschlungen hat, ohne ihn vorher zu zerstören. Bestätigt sich dies, könnte es sich um die erste beobachtete Fusion eines schwarzen Lochs mit einem Neutronenstern handeln, die – wie von Arca Sedda beschrieben – in einer dichten Sternumgebung stattfand.
U. Heidelberg / DE