20.07.2011

UV-Licht verdampft Diamant

Ultraviolette Laserpulse lösen Kohlenstoffatome aus der Oberfläche von Diamant, ohne dessen Struktur zu zerstören.

Das härteste natürlich vorkommende Material der Welt lässt sich mit schwachen UV-Laserpulsen bearbeiten. Das konnten Forscher um Richard Mildren vom Photonics Research Center der Macquarie University in Sydney zeigen. Sie strahlten Laserpulse im UV-C-Band auf Diamantproben. Nach wenigen Sekunden entstanden darin kleine Vertiefungen. Die Abtragrate fiel mit niedrigerer Einstrahlintensität, doch auch für wenig intensives Licht wiesen die Wissenschaftler eine Ablösung von Oberflächenatomen nach. Anwendung könnte diese laserinduzierte Desorption von Diamant in der Quantenkommunikation und bei optischen Bauelementen für Diamant-basierte Laser finden.

Abb.: Gerendertes optisch-interferometrisches Bild einer willkürlich bearbeiteten Diamantoberfläche. Das Farbprofil gibt eine Tiefe von 350 (grün) bis 600 Nanometer (blau) wieder. (Bild: R. P. Mildren, Opt. Mater. Expr.)

Gewöhnlich bearbeitet man Diamant mit Ablationsverfahren, bei denen intensive Laserpulse das Material „wegätzen“. Diese Methode hinterlässt jedoch eine rauhe, von Defekten überzogene Oberfläche, die eher die Eigenschaften von Graphit als von Diamant trägt. Sie ist deshalb für viele Anwendungen unbrauchbar. Das Forscherteam aus Australien benutzte niedrigere Laserleistungen, bei denen die Desorption von Kohlenstoffatomen von der Oberfläche des Diamant dominierte. So entstand eine glatte Oberfläche ohne Schäden, die Diamanteigenschaften hatte. Das konnten die Forscher mittels Röntgen-Nahkanten-Absorptions-Spektroskopie (NEXAFS) am Australian Synchrotron in Melbourne zeigen. Die Form, Tiefe und Rauheit der Vertiefungen untersuchten sie mit interferometrischen Methoden. „Diese lichtinduzierte Verdampfung wurde zwar schon bei anderen Materialien beobachtet, aber hier tritt sie zum ersten Mal bei Diamant auf“, sagt Mildren.

Die Forscher benutzten zur Ablösung der Atome einen frequenzverdoppelten Laser, der UV-Licht mit einer Wellenlänge von 266 Nanometern emittierte. Der Prozess der Desorption von Oberflächenatomen aus Diamant ist noch nicht völlig verstanden, doch Mildren und seine Kollegen haben eine Hypothese entwickelt, die das Phänomen erklären könnte: Für die Ablösung der Atome ist eine oxidierte Diamantoberfläche nötig. Die Forscher vermuten, dass durch die Absorption zweier ultravioletter Photonen im Diamant Exzitonen entstehen, die an die Oberfläche diffundieren. Dort geben sie ihre potentielle Energie von 5,2 Elektronvolt an die CO-Moleküle der Oberfläche ab. Die Energie, die für die Desorption des CO von der Oberfläche benötigt wird, beträgt 1,67 Elektronvolt. Für einen Zwei-Photonen-Prozess spricht auch, dass die Ätzrate – der Abtrag in Nanometern pro Puls – proportional mit dem Quadrat der eingestrahlten Lichtintensität zusammenhing.

Die Forscher verringerten in ihrem Experiment nach und nach die eingestrahlte Intensität. Sie stellten fest, dass es – wie für einen von einer Zwei-Photonen-Absorption ausgelösten Prozess zu erwarten – keine untere Intensitätsgrenze für die Desorption gab. Prinzipiell zerstören also schon geringste Intensitäten von UV-Licht, wie sie auch im Sonnenlicht vorkommen einen Diamanten. Allerdings findet der Prozess dann um Größenordnungen langsamer statt, als die Forscher es mit ihrem Laborlaser beobachteten. Selbst eine UV-Lampe, wie sie in der Forschung benutzt wird, würde in zehn Milliarden Jahren lediglich ein Mikrogramm Diamant von der Oberfläche ablösen.

Interessant könnte die Methode für Anwendungen werden, die glatte, intakte Diamantoberflächen auf kleinen Größenskalen voraussetzen. So könnte die laserinduzierte Desorption zum „Polieren“ von Oberflächen eingesetzt werden und damit effektivere Diamant-basierte Ein-Photonen-Emitter für die Quantenkommunikation ermöglichen.

Philipp Hummel

OD

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