Van-der-Waals-Kristall als Isotopensieb
In Schichtstapel aus hexagonalem Bornitrid dringen Deuteronen besser ein als Protonen.
Zweidimensionale Materialien wie Graphen oder Bornitrid haben ungewöhnliche mechanische und elektrische Eigenschaften. Mit Stapeln aus solchen monoatomaren Kristallschichten, die nur durch Van-
Abb: Durch eine Palladiumschicht (rechts) dringen Protonen und Deuteronen in einen Bornitridkristall ein. Dann diffundieren die Ionen in den Kristallzwischenräumen und verlassen den Kristall am anderen Ende (links) wieder durch eine Palladiumschicht. (Bild: A. Kuc, U. Leipzig)
Forscher um Marcelo Lozada-
Im neuen Experiment drangen die Wasserstoffionen in die Zwischenräume zwischen den Atomebenen ein und bewegten sich in ihnen. Durch Röntgenuntersuchungen weiß man, dass diese Zwischenräume beim hexagonalen Bornitrid (h-BN) und beim Graphit 3,34 Å weit sind und beim Molybdändisulfid (MoS2) 6,15 Å. Das ist wesentlich größer als die De-
Demnach sollten Protonen und Deuteronen problemlos in die Zwischenräume eindringen können. Doch tatsächlich sind diese wesentlich enger, da sie von den Elektronenwolken der angrenzenden Atome erfüllt sind. Ob sich deshalb der Größenunterschied zwischen den Protonen und den Deuteronen beim Eindringen in die Zwischenräume dennoch bemerkbar macht, mussten Experimente klären, bei denen die Ionenleitfähigkeit verschiedener Schichten in Längsrichtung gemessen wurde.
Abb.: Der Protonenstrom hängt linear von der angelegten Spannung ab. H-BN leitet die Protonen besser als MoS2, während Graphit sie gar nicht leitet. Das Inset zeigt schematisch, wie die Protonen den schalenförmigen van-der-Waals-Kristall durchqueren. (Bild: S. Hu et al.)
Dazu haben die Forscher in eine Siliziumnitridmembran ein 20 Mikrometer großes kreisförmiges Loch geätzt, über das sie anschließend einen 500 Nanometer dicken Kristall aus Graphit, h-BN oder MoS2 gelegt haben. In diesen Kristall gruben sie von unten durch Plasmaätzen eine Höhlung, sodass der Kristall wie eine umgedrehte Schale aussah. Je nach der Tiefe der Schale war an ihrer Innenwand eine mehr oder weniger große Zahl von Schichtzwischenräumen zugänglich. Eine Platinbeschichtung der Kristalle ermöglichte es den Ionen, in sie einzudringen.
Von einer elektrischen Spannung getrieben, bewegten sich Wasserstoffionen durch das Loch in der Membran und drangen in die Schichtzwischenräume des Kristalls ein. Anschließend diffundierten sie längs der Zwischenräume und verließen den Kristall am anderen Ende. Schließlich gelangten sie zu einer Elektrode, wo der Ionenstrom in Abhängigkeit von der Spannung gemessen wurde. Daraus ermittelten die Forscher die Ionenleitfähigkeit und den Ionenwiderstand.
Wie sich zeigte, ließ das Graphit praktisch keine Protonen durch, während in h-BN die Protonen besser vorankamen als in MoS2. Offenbar hinderte die Protonen eine zu hohe Anregungsenergie daran, in die Graphitzwischenräume einzudringen. Für h-BN und MoS2 war die Protonenleitfähigkeit proportional zur Zahl der zugänglichen Zwischenräume. Demnach bewegten sich die Protonen nur längs der Zwischenräume und nicht durch die Atomlagen hindurch.
Der Vergleich der Ionenwiderstände von h-BN und MoS2 für Protonen und Deuteronen ergab ein differenziertes Bild. Für sehr lange Kristalle, in denen die Ionen Strecken von mehr als zehn Mikrometer durchqueren mussten, erfuhren die Deuteronen einen deutlich größeren Widerstand als die Protonen. Das sprach dafür, dass die Ionen gemäß der klassischen Physik diffundierten, wobei die leichteren Protonen schneller vorankamen als die schwereren Deuteronen. Allerdings könnten bei der in beiden Fällen überraschend schnellen Diffusion Quanteneffekte mitspielen.
Für kurze Kristalle von weniger als einem Mikrometer Länge war es umgekehrt: Jetzt war der Widerstand für die Protonen größer als für die Deuteronen, und zwar 1,4-mal bei h-BN und 1,2-mal bei MoS2. Dies ist ein Quanteneffekt, der sich auf die unterschiedlich großen Anregungsenergien zurückführen lässt, die die Ionen beim Eindringen in die Zwischenräume überwinden mussten. Die mit Blick auf ihre De-
Rainer Scharf
Weitere Infos
Weitere Beiträge
DE