Venus verblüfft mit magnetischer Rekonnektion
Die europäische Sonde Venus Express hat einen Prozess beobachtet, der bislang nur von Planeten mit Magnetfeld bekannt war.
Die magnetische Rekonnektion – eine Art Kurzschluss magnetischer Feldlinien, bei der sich das magnetische Feld neu ordnet – ist ein wichtiger astrophysikalischer Prozess. Durch den Vorgang wird effektiv und schnell Energie des magnetischen Feldes in Bewegungsenergie elektrisch geladener Teilchen umgewandelt. Rekonnektion spielt eine Rolle bei der Bildung solarer Massenauswürfe und beim Auswurf von „Plasmoiden“ aus den magnetischen Schweifen der Planeten Erde, Jupiter, Saturn und Merkur.
Abb.: (A) Durch die Wechselwirkung des Sonnenwinds mit der Ionosphäre bildet sich auch bei der Venus ein magnetischer Schweif, in dem Plasma nach außen strömt (grau). (B) Durch magnetische Rekonnektion bilden sich geschlossene magnetische Feldlinien um den Planeten, sowie um einen abgelösten Plasmoid. (Bild: Science/T. L. Zhang et al.)
Bislang gingen die Planetenforscher davon aus, dass es bei Planeten ohne eigenes Magnetfeld nicht zu einem vergleichbaren Vorgang kommen kann. Tielon Zhang von der Universität für Wissenschaft und Technik in Hefei in der Volksrepublik China und die Kollegen seines internationalen Teams sind jedoch in den Daten der Sonde Venus Express vom 15. Mai 2006 auf Änderungen in der Richtung des Magnetfelds und des Plasmaflusses in der Umgebung der Venus gestoßen, die sich mit einer Neukonfiguration des lokalen Magnetfelds und der Bildung eines Plasmoids erklären lassen.
Da die Venus kein schützendes Magnetfeld besitzt, dringt der Sonnenwind bis in die obere Atmosphäre des Planeten vor. Die Wechselwirkung des Sonnenwinds mit den elektrisch geladenen Teilchen in der Ionosphäre führt zur Bildung eines magnetischen Schweifs auf der sonnenabgewandten Seite. Dieser Schweif ähnelt dem magnetischen Schweif, der sich aus der Magnetosphäre bei Planeten mit Magnetfeld bildet, liegt aber enger am Planeten an.
Die von Zhang und seinen Kollegen analysierten Messungen zeigen nun, dass es in diesem Magnetschweif ähnlich wie bei den „magnetischen“ Planeten zu einer Abtrennung von Magnetfeldlinien und damit zur Bildung geschlossener magnetischer Strukturen kommen kann, die Plasma enthalten und vom Planeten weg transportieren können.
Im Gegensatz zur Erde sind die so entstehenden magnetischen Strukturen etwa um einen Faktor 10 kleiner. In der irdischen Magnetosphäre tritt die Rekonnektion etwa 10 bis 30 Erdradien entfernt auf der sonnenabgewandten Seite auf, bei der Venus dagegen in einem Abstand von nur ein bis drei Planetenradien.
Rainer Kayser
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