Verblüffende Wechselwirkung von Licht
Licht in einem Wellenleiter zeigt ein Verhalten wie W- oder Z-Bosonen.
In großen Beschleunigeranlagen mit mehreren Kilometern Durchmesser wie dem Cern bei Genf werden Teilchen auf hohe Energien beschleunigt und zum Zusammenstoß gebracht. Dabei zeigen sich neue Teilchen für Bruchteile einer Sekunde. Doch das Verhalten neu entdeckter Elementarteilchen, die nur extrem kurze Zeit existieren, lässt sich kaum untersuchen. Schon lange haben Physiker versucht, Ähnlichkeiten im Verhalten von Atomen zu nutzen, um den Geheimnissen der instabilen Wechselwirkungsteilchen, der Z- und W-Bosonen, auf die Spur zu kommen. Nun prüften Rostocker Physikern, ob sich das Verhalten der Wechselwirkungsteilchen nicht auch mit Licht nachbilden ließe.
„Licht ist leicht verfügbar. Als Laserlicht ist es schon über ein halbes Jahrhundert als Werkzeug zum Scheiden, Bohren, Messen oder für Augenlaseroperationen im Gebrauch“, beschreibt Lucas Teuber die Vorteile von Licht. Seine Berechnungen zeigten tatsächlich, dass sich Licht dazu zwingen ließe, miteinander wechselzuwirken. Das musste aber experimentell noch umgesetzt werden. Dazu hat Mark Kremer in enger Zusammenarbeit mit Teuber integrierte Wellenleiterstrukturen designt und entsprechend den theoretischen Berechnungen in einen Glaschip gebannt. Hilfreich waren dabei Berechnungen, um die komplexe Wellenleitergeometrie zu optimieren.
Was macht nun aber das Licht? „Es wirkt aufeinander ein. Das macht Licht gewöhnlich nicht. Zwei Scheinwerferstrahlen, die sich treffen, gehen einfach durcheinander durch. Sie sehen sich nicht. Ganz anders das Licht, das Lucas und Mark im Labor aufeinandertreffen lassen. Das verhält sich wie W- oder Z-Bosonen. Das sind Wechselwirkungsteilchen, die zum Beispiel für die Radioaktivität verantwortlich sind und bei deren Aufeinandertreffen alles mögliche passiert“, sagt Gruppenleiter Alexander Szameit.
Die neue Entdeckung hat gleich zwei Vorteile. Zum einen ließe sich damit das Verhalten der elementaren Teilchen der Materie und deren Kräfte in Ruhe ganz gefahrlos bei ganz gewöhnlichen Laborbedingungen studieren, zum anderen sei ein Werkzeug gefunden, womit Licht zu beliebigem Verhalten gebracht werden könne. Und das erlaubt es, eine ganz andere Klasse an logischen Schaltelementen des Quantencomputers zu designen, nämlich mit Licht. Eben dazu sei es erforderlich, dass das Licht aufeinander einwirken könne. „Das ist zwar noch nicht der Quantencomputer selbst, aber ein ganz neuer Weg dahin. Die Grundlagen sind geschaffen, nun müssen die Ingenieure den Licht-Quanten-Computer nur noch bauen“, sagt Szameit.
U. Rostock / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
M. Kremer et al.: Optimal design strategy for non-Abelian geometric phases using Abelian gauge fields based on quantum metric, Phys. Rev. Res. 1, 033117 (2019); DOI: 10.1103/PhysRevResearch.1.033117 - AG Experimentelle Festkörperoptik (A. Szameit), Institut für Physik, Universität Rostock