Verschlungene Wege durch die Quantenwelt
Quantensimulator mit effizienter Einzelphotonenquelle berechnet „random quantum walk“.
Der Quantencomputer beflügelt seit Jahrzehnten die Phantasie der Wissenschaftler: Er beruht auf grundlegend anderen Phänomenen als ein herkömmlicher Rechner. Daher soll er in nicht allzu ferner Zukunft Probleme lösen können, die für klassische Supercomputer praktisch unlösbar sind. Physiker sprechen auch von einer „quantum computational supremacy“. Doch noch steht der Nachweis für diese Überlegenheit des Quantencomputers aus: Effekte aus der Quantenmechanik für Kalkulationen zu nutzen, gestaltet sich schwierig; die bisherigen Prototypen konnten daher lediglich sehr einfache Probleme lösen.
Abb.: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Mikrotürmchens mit integriertem Quantenpunkt, das einzelne Photonen aussenden kann. (Bild: U. Würzburg)
Forscher der Universität Würzburg und der chinesischen Universität für Wissenschaft und Technologie in Hefei und Shanghai haben nun eine spezielle Variante eines Quantenrechners gebaut, die auf eine einzige Aufgabe spezialisiert ist. „Es handelt sich also nicht um einen wirklichen universellen Quantencomputer, sondern gewissermaßen um einen kleineren Bruder, der nur ein spezielles Problem lösen kann“, erklärt Sven Höfling vom Physikalischen Institut der Universität Würzburg.
Ein zentraler Bestandteil dieses Rechners wurde von Höfling und seinen Kollegen Christian Schneider und Martin Kamp über Jahre hinweg entwickelt und verbessert – eine Einzelphotonenquelle. Die Würzburger Lichtquelle hat eine wichtige Eigenschaft: Die emittierten Lichtteilchen ähneln einander wie ein Ei dem anderen – sie haben exakt die gleiche Farbe und breiten sich in die gleiche Richtung aus. „Einzelne Photonen wie diese sind eine Grundvoraussetzung für viele quantenoptische Experimente“, betont Höfling. „Wir haben unsere Methoden in jahrelanger Arbeit so optimiert, dass wir derartige Lichtteilchen inzwischen sehr effizient und zuverlässig erzeugen können.“ Wenn die Wissenschaftler 100 Mal den Knopf drücken, spuckt ihre Lichtquelle bis zu 74 Mal ein einzelnes Photon aus. Nur ein einziges Mal entstehen irrtümlich zwei Photonen gleichzeitig.
Die Partner aus Hefei und Shanghai schickten die Photonen nun auf eine Art optischen Orientierungslauf: Sie ließen die Lichtteilchen durch ein Material wandern, in dem diese in regelmäßigen Abständen auf eine Weggabelung trafen. Sie mussten sich dann stets für den linken oder rechten Pfad entscheiden, legte also einen „random quantum walk“ hin. Das Ergebnis dieses Quantenspaziergangs lässt sich jedoch wegen der Quanteninterferenz ununterscheidbarer Teilchen nur schwer vorhersagen – besonders, wenn sich mehrere Teilchen gleichzeitig auf den Weg machen. „Schon ab etwa zwanzig Photonen stoßen klassische Computer an ihre Grenzen“, erklärt Höfling. „Unsere Partner aus China nutzen daher die einzelnen Photonen in Verbindung mit einem photonischen Schaltkreis für eine Quantensimulation, die das Problem nachbildet.“
In den jetzt publizierten Veröffentlichungen schickten sie bis zu fünf Photonen gleichzeitig auf die Reise. Für die Ermittlung der Verteilung benötigten sie mit ihrem Ansatz in etwa so viel Zeit, wie auch die allerersten elektronischen Computer gebraucht hätten. „Wir sind aber optimistisch, dass wir mit unserer Methode prinzipiell auch Simulationen mit zwanzig oder mehr Photonen durchführen können“, hofft Sven Höfling. „Damit kämen wir in einen Bereich, in dem sich erstmals eine echte Überlegenheit der Quantentechnologie über klassische Rechenmaschinen zeigen könnte, und daran arbeiten wir.“
U. Würzburg / DE