10.04.2015

Versteckte Löcher

Mechanische Tarnkappe leitet mechanische Kräfte um Fehlstellen herum.

Eine Bienenwabe ist ein sehr stabiles Gebilde, doch mit einem größeren Loch geht die Stabilität weitgehend verloren. Wie könnte eine Bienenwabe aussehen, die trotz Loch äußeren Kräften standhält? Solche stabilen Varianten bekannter Konstruktionen zu finden, kann etwa in der Architektur oder bei der Entwicklung neuer Baustoffe nützlich sein. Bisher war der mathematische Aufwand dafür sehr hoch und führte in der Mechanik nicht zum Erfolg. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun ein neues Prinzip gefunden, das den mathematischen Weg deutlich vereinfacht und viel­ver­sprechende Ergebnisse mit einfachen Mitteln liefert.

Abb.: In einer regelmäßigen bienenwabenartigen Struktur wird ein Loch durch eine Verzerrung ausgeglichen. Kräfte von außen wirken dann so, als wäre das Loch nicht vorhanden. (Bild: T. Bückmann/KIT)

Die Idee dahinter kann man sich leicht anschaulich machen: Ein Netzwerk von verbundenen Punkten wird auf eine Gummihaut gemalt. Streckt und verzerrt man diese Gummifläche, hat man eine Koordinaten­transformation nachgestellt. Wenn man das gedachte Netzwerk auf eine Material­verteilung abbilden kann, hat man einen recht universellen Design-Ansatz zur Hand, um etwa mechanische Kräfte, die auf das Material wirken, in gewünschte Bahnen zu lenken.

Für Licht ist die Grundlage solcher Umformungen die Mathematik der Transformations­optik. Doch dieses Prinzip auf echte Materialien und Bauteile in der Mechanik zu übertragen, war bisher für reale Konstruktionen und Stoffe nicht möglich – die Mathematik lieferte gewissermaßen unmögliche Anforderungen an das Material.

Um die Schwierigkeiten zu umgehen, haben Forscher am Institut für Angewandte Physik des KIT um Tiemo Bückmann einen neuen, einfacheren Weg aufgetan. „Wir haben uns ein Netzwerk von elektrischen Widerständen vor­gestellt“, erklärt Bückmann. „Dort kann man die Draht­verbindungen zwischen den Wider­ständen unterschiedlich lang wählen, aber ihr Wert verändert sich nicht. So bleibt die elektrische Leit­fähigkeit des Netzwerks auch dann unverändert, wenn man es verformt.“

Abb.: Mit der neuen Konstruktionsmethode kann der Verformungsfehler stark reduziert werden. (Bild: T. Bückmann/KIT)

Dieses Gedankenexperiment haben die Forscher nun auf die Praxis übertragen. „In der Mechanik findet man das Prinzip wieder, wenn man sich kleine Federn anstelle der Wider­stände vorstellt“, so Tiemo Bückmann. „Wir können einzelne Federn länger oder kürzer machen, wenn wir dafür ihre Form so anpassen werden, dass die Kräfte zwischen ihnen gleich bleiben. Dieses einfache Prinzip spart viel Rechenaufwand, und erlaubt uns das direkte Transformieren echter Materialien.“

Die Forscher haben ihre Methode in einem Modellversuch mit einem Material aus gedrucktem Polymer getestet. In eine stabile sechseckige, bienen­waben­artige Struktur wurde ein Loch eingebracht. Die verzerrenden Kräfte aufgrund der reduzierten Stabilität betrugen zunächst über 700 Prozent. Nach Anwendung der neu entwickelten Umformung betrug der Fehler nur noch 26 Prozent.

Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig, denn mit der neuen Methode können bekannte zusammengesetzte Materialien oder mechanische Stütz­konstruktionen so berechnet werden, dass sie auch in besonderen Formen möglichst stabil auf äußere Kräfte reagieren – nämlich so, als ob die Stützkonstruktion unverformt wäre.

KIT / DE

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