04.10.2010

Vertrag für Beschleunigerzentrum FAIR unterzeichnet

Neun Staaten beteiligen sich an einem der weltweit größten Forschungsvorhaben in Darmstadt.

Neun Staaten beteiligen sich an einem der weltweit größten Forschungsvorhaben in Darmstadt.

Neun Staaten haben heute in Wiesbaden das völkerrechtliche Abkommen über die Errichtung des Beschleunigerzentrums FAIR unterzeichnet, das am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt entstehen wird. Es unterzeichneten der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung Helge Braun und der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Peter Ammon für die Bundesrepublik Deutschland sowie Wissenschaftsminister und Staatssekretäre aus den Ländern Finnland, Frankreich, Indien, Polen, Rumänien, Russland, Schweden und Slowenien. Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und Staatssekretär Braun unterzeichneten zudem ein Abkommen, das die Zusammenarbeit vom Bund und dem Land Hessen bei FAIR regelt. FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research) ist eines der größten Forschungsvorhaben und komplexesten Beschleunigerzentren weltweit. Mit dem völkerrechtlichen Abkommen sind nun alle Weichen zu dessen Realisierung gestellt. Von den Kosten von rund einer Milliarde Euro trägt Deutschland knapp drei Viertel, Hessen übernimmt davon 90 Millionen Euro.

Abb.: Luftaufnahme des geplanten Beschleunigergeländes in Darmstadt (Bild: FAIR GmbH/GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH)

„Mit FAIR stellen wir kosmische Materie im Labor her, das heißt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt stoßen in neue Dimensionen der Materie vor, wie zum Beispiel Antimaterie oder heiße Sternmaterie. Für ihre grundlegenden Forschungen werden sie neuartige Hochleistungscomputer entwickeln und erwarten Durchbrüche für neue Nanomaterialien sowie bio-medizinische Anwendungen", sagte Horst Stöcker, der Wissenschaftliche Geschäftsführer von GSI.

Die Gründung der „FAIR GmbH“ ist Teil des Abkommens und wurde heute ebenfalls vollzogen. „Wir werden den Bau der Beschleuniger- und Experimentieranlagen koordinieren. Die beteiligten Staaten werden bei uns ihre technische und wissenschaftliche Expertise sowie finanzielle und „In-kind“ Beiträge in das Projekt einbringen“, sagte Boris Sharkov, der erste Wissenschaftliche Geschäftsführer der FAIR GmbH. Die FAIR GmbH wird in Darmstadt beim GSI Helmholtzzentrum angesiedelt sein.

Das Beschleunigerzentrum FAIR, das in Darmstadt errichtet wird, ist weltweit eines der größten Forschungsvorhaben für die physikalische Grundlagenforschung. Schon heute arbeiten etwa 3000 Wissenschaftler aus über 40 Ländern an der Planung der Experimentier- und Beschleunigeranlagen. FAIR wird Antiprotonen- und Ionenstrahlen mit bisher unerreichter Intensität und Qualität liefern. Im Endausbau besteht FAIR aus acht Kreisbeschleunigern mit bis zu 1100 Metern Umfang, zwei Linearbeschleunigern und rund 3,5 Kilometern Strahlführungsrohren. Die bereits existierenden GSI-Beschleuniger werden als Vorbeschleuniger dienen. Das Forschungszentrum Jülich übernimmt den Bau eines Beschleunigerrings, des so genannten Speicherrings HESR, für die Forschung mit hochenergetischen Antiprotonen.

An FAIR wird eine nie dagewesene Vielfalt an Experimenten möglich sein, durch die Wissenschaftler aus aller Welt neue Einblicke in den Aufbau der Materie und die Entwicklung des Universums seit dem Urknall erwarten.

So wird es an FAIR möglich sein, Antimaterie zu erforschen. Die Forscher wollen dem Rätsel nachgehen, warum Antimaterie im Universum bis auf winzige Reste kaum vorkommt und warum die uns bekannte Materie, aus der wir bestehen und die uns umgibt, "bevorzugt" ist.

An FAIR werden Forscher auch nach neuen Formen von Materie suchen, um auf diese Weise der rätselhaften dunklen Materie auf die Spur zu kommen. Denn obwohl dunkle Materie einen weitaus größeren Anteil im Universum ausmacht als die uns bekannte Materie, konnte sie noch nicht direkt beobachtet werden.

An der geplanten Anlage wollen Forscher außerdem untersuchen, wie Sterne explodieren und welche Prozesse dabei ablaufen. Denn nach unserer heutigen Vorstellung entstehen bzw. entstanden die chemischen Elemente in gewaltigen Sternexplosionen. Das heißt, alle Materie – auch wir selbst – besteht letztendlich aus Sternenstaub, den Überresten von explodierten Sternen.

Ionenstrahlen, die natürlicherweise in der kosmischen Strahlung vorkommen, lassen sich an FAIR erzeugen. Dies ermöglicht Wissenschaftlern, die Wirkung der Ionenstrahlen auf Materialien und Gewebeproben zu studieren. Sie möchten somit Komponenten für die Satellitentechnik testen und strahlenbiologische Untersuchungen für bemannte Raummissionen oder neue Anwendungen in der Medizin durchführen.

GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung


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AL

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