28.02.2023 • AstronomieAstrophysik

Vier Klassen von Planetensystemen

Zusammenhang zwischen Ausgangsbedingungen der Planetenentstehung und der Systemarchitektur.

In unserem Sonnensystem scheint alles seine Ordnung zu haben: Die kleineren Gesteins­planeten kreisen nahe um unseren Stern. Die Gas- und Eisriesen ziehen dagegen in weiten Bahnen um die Sonne. Forscher der Unis Bern und Genf, sowie des Nationalen Forschungs­schwer­punkts PlanetS, zeigen jetzt jedoch: Damit steht unser Planeten­system ziemlich allein da.

Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung der vier Archi­tektur­typen von...
Abb.: Künstlerische Dar­stel­lung der vier Archi­tektur­typen von Planeten­systemen. Die Forschung deutet darauf hin, dass Planeten­systeme der gleichen Architektur­klasse die gleiche Ent­stehungs­ge­schichte haben. (Bild: T. Stierli, NCCR PlanetS, U. Bern)

„Bereits vor über einem Jahrzehnt stellten Astronominnen und Astronomen aufgrund von Beobachtungen mit dem damals bahn­brechenden Kepler-Teleskop fest, dass Planeten in anderen Systemen ihren jeweiligen Nachbarn meist in Größe und Masse ähneln“, sagt Lokesh Mishra. Doch lange war unklar, ob diese Erkenntnis durch Ein­schränkungen bei den Beobachtungs­methoden zustande kam. „Es war unmöglich festzustellen, ob sich die Planeten in einem gewissen System genug ähnlich sind, um in diese Klasse zu fallen, oder ob sie sich doch eher unterschieden – so, wie in unserem Sonnensystem“, so Mishra.

Daher entwickelte der Forscher ein Konzept, um die Unterschiede und Ähnlich­keiten von Planeten derselben Systeme zu ermitteln. Und stelle dabei fest: Es gibt nicht zwei, sondern vier solche System­archi­tek­turen.

„Wir bezeichnen diese vier Klassen als ähnlich, geordnet, anti­geordnet und gemischt“, so Mishra. Planetensysteme, bei denen die Massen der benachbarten Planeten einander ähnlich sind, haben eine ähnliche Architektur. Geordnete Planetensysteme sind solche, bei denen die Masse der Planeten tendenziell mit dem Abstand zum Stern zunimmt – so, wie auch in unserem Sonnensystem. Wenn die Masse der Planeten dagegen mit dem Abstand zum Stern abnimmt, sprechen die Forscher von einer anti­geordneten Architektur des Systems. Und gemischte Architekturen treten auf, wenn die Planetenmassen in einem System von Planet zu Planet stark schwanken.

„Dieses Konzept kann auch bei jeder anderen Messgröße angewendet werden, wie etwa Radius, Dichte oder Wasseranteilen“, sagt Yann Alibert. „Damit haben wir nun erstmals ein Werkzeug, um Planetensysteme als Ganzes zu untersuchen und mit anderen Systemen zu vergleichen.“ Die Erkenntnisse werfen aber auch Fragen auf: Welche Architektur ist die häufigste? Welche Faktoren steuern das Entstehen eines Archi­tek­tur­typs? Welche Faktoren spielen keine Rolle? Einige davon können die Forscher bereits beantworten.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass ähnliche Planetensysteme die häufigste Art von Architekturen sind. Etwa acht von zehn Planetensysteme weisen eine solche ähnliche Architektur auf“, sagt Mishra. „Das erklärt auch, warum bereits in den ersten Monaten der Kepler-Mission Hinweise auf diese Architektur gefunden wurden.“ Überrascht hat das Team, dass die geordnete Architektur – also jene, zu der auch das Sonnensystem zählt – die seltenste Klasse zu sein scheint.

Es gäbe Hinweise, so Mishra, dass sowohl die Masse der Gas- und Staubscheibe, aus der die Planeten hervorgehen, als auch die Häufigkeit von schweren Elementen im jeweiligen Stern eine Rolle spielen.  „Aus eher kleinen, wenig massiven Scheiben und Sternen mit wenig schweren Elementen gehen ähnliche Planetensysteme hervor. Aus großen, massiven Scheiben mit vielen schweren Elementen im Stern entstehen eher geordnete und antigeordnete Systeme. Gemischte Systeme entstehen aus mittelgroßen Scheiben. Dynamische Wechselwirkungen zwischen Planeten – wie etwa Kollisionen oder Auswürfe – beeinflussen die endgültige Architektur“, erklärt Mishra.

„Ein bemerkenswerter Aspekt dieser Ergebnisse ist, dass sie die Ausgangsbedingungen der Planeten- und Sternentstehung mit einer messbaren Eigenschaft – der Systemarchitektur – verbindet. Dazwischen liegen Milliarden von Jahren der Entwicklung. Uns ist es erstmals gelungen, diese riesige zeitliche Lücke zu überbrücken und überprüfbare Vorhersagen zu machen. Es wird spannend zu sehen, ob sie bestehen werden“, resümiert Alibert.

U. Bern / RK

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