Ein Kamerasystem, mit dem sich Personen für einen perfekten dreidimensionalen Eindruck filmen lassen, haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik entwickelt. Kern des Systems ist eine Stereokamera: Wie der Mensch mit seinen zwei Augen, nimmt sie eine Person mit zwei Objektiven auf. Das stereoskopische Sehen führt dazu, dass sich Entfernungen gut abschätzen lassen, weil beide Augen aus einem etwas anderen Winkel auf ein Objekt blicken. Dadurch ergibt sich der dreidimensionale Eindruck. Um eine Person aus allen Richtungen im Detail aufzunehmen, setzen die Forscher mehr als zwanzig Stereokameras ein. Jede Kamera nimmt dabei nur einen Teil der Person auf. Die Herausforderung besteht darin, die einzelnen Kamerabilder so miteinander zu fusionieren, dass ein realistisches Gesamtbild entsteht.
Abb.: Virtuelle Realität: Das Kamerasystem „3D Human Body Reconstruction“ digitalisiert Menschen. (Bild: Fh.-HHI)
Neben der Kameratechnik haben die Forscher auch Algorithmen entwickelt, die aus den stereoskopischen Kamerabildern sehr schnell Tiefeninformationen extrahieren können. Diese sind nötig, um die 3D-Gestalt einer aufgenommenen Person zu berechnen. Letztlich erzeugt der Computer aus den Kamerabildern ein virtuelles Modell des Menschen, das dann in die Szene übertragen wird. Die generierte 3D-Oberflächenstruktur der Person weist dabei viele Details auf. So können beispielsweise Falten in der Kleidung oder Charakteristika im Gesicht wahrgenommen werden. Dadurch wirkt das Modell in Aussehen und Bewegung natürlich und realitätsnah.
Das Fusionieren der 3D-Information aus den verschiedenen Kamerabildern dauert einige Sekunden. Dennoch ist die Illusion perfekt. Das System überträgt das dreidimensionale dynamische Modell einer Person zügig in die virtuelle Realität. Ein Mensch kann sich bei der Aufnahme in dem dafür vorgesehenen Bereich frei bewegen. Das virtuelle Ebenbild stellt jede Geste und Bewegung realistisch dar. Ziel ist es, dass ein realistisches Abbild eines Menschen zukünftig direkt mit der virtuellen Welt interagieren kann – zum Beispiel indem es virtuelle Objekte greift.
Das neue Kamerasystem soll zukünftig auch für andere Anwendungsgebiete genutzt werden. So arbeiten die Forscher beispielsweise an virtuellen Videokonferenzen. Es ließe sich aber auch im Infotainment-Bereich einsetzen. Anstelle eines passiven, frontalen Fernseherlebnisses könnte ein Fernsehzuschauer mittels VR-Brille direkt Teil der Spielfilmszene sein. Er würde nicht nur ein dreidimensionales Bild der Fernsehszene sehen, sondern auch in ihr virtuell umhergehen können und zum Beispiel Teil der Abenteuer seiner Helden werden.
Fh.-HHI / RK