23.05.2014

Vorsorge mit Phasenkontrast

Neues Röntgenverfahren ermöglicht hochaufgelöste Mammografien zur Brustkrebserkennung.

Mithilfe des Phasenkontrast-Röntgens ist es Forschenden der ETH Zürich, des Paul-Scherrer-Instituts und des Kantonsspitals Baden gelungen, Mammografien zu erstellen, anhand derer Brustkrebs und dessen Vorstufen präziser beurteilt werden können. Das Verfahren könnte dazu beitragen, Biopsien gezielter einzusetzen und Nachfolgeuntersuchungen zu verbessern.

Abb.: Mithilfe des Phasenkontrast-Röntgens lassen sich Mikroverkalkungen im Brustgewebe den jeweiligen Tumortypen zuordnen. (Bild: Z. Wang, ETHZ / PSI)

Die Forscherinnen und Forscher haben ein bildgebendes Verfahren für die Mammografie weiterentwickelt: die Röntgen­phasenkontrast-Mammografie. Da-mit können sie die Art der Mikroverkalkungen im Brustgewebe besser als mit heutiger Mammografie­technik erkennen und sie so einer Erkrankung zuordnen. Dies dürfte dazu beitragen, verdächtige Befunde gezielter untersuchen zu können.

Der Vorteil der neuen Technik ist, dass sie äußerst scharfe, detail- und kontrastreiche Bilder liefert. Sie bildet Strukturen ab, die mit der herkömmlichen Röntgen­mammografie nicht oder nur unscharf zu erkennen sind. Mit dem Phasen­kontrast-Röntgen lassen sich zwei Typen von Verkalkungen, die in einer Brust vorhanden sein können, unterscheiden. Dies könnte Ärzten zukünftig helfen, nicht-invasiv festzustellen, wo am ehesten eine bösartige Brustveränderung vorhanden ist.

Vorsorgeuntersuchungen für Brustkrebs zielen darauf ab, gruppierte Mikroverkalkungen im Gewebe frühzeitig zu entdecken. Denn Verkalkungen treten meist dort auf, wo sich rasch teilende Zellen absterben. Sie weisen deshalb oft bereits in einem Frühstadium auf eine Erkrankung hin. Mammografien erlauben aber keine definitiven Rückschlüsse auf die Ursache der Verkalkungen, so dass Ärzte für die Diagnose Gewebs­biopsien nehmen.

Wissenschaftler des PSI erforschen seit einigen Jahren, wie man den Phasenkontrast von Röntgenstrahlung für die Bildgebung nutzen kann. Lange galt es als unmöglich, die Röntgenstrahlung, wie sie in Kliniken verwendet wird, für das Phasenkontrastverfahren einzusetzen, weil diese nicht kohärent ist und sich aus verschiedenen Wellenlängen zusammensetzt. „Dass wir dies nun trotzdem geschafft haben, um damit eine neue, aussage­kräftigere bildgebende Methode zu entwickeln, ist ein großer Schritt hin zu einer Anwendung im klinischen Alltag“, freut sich Marco Stampanoni, Professor am Institut für Biomedi­zinische Technik der ETH Zürich und Leiter der Röntgentomographie-Gruppe am PSI. Für das Ziel, den Röntgen­phasen­kontrast in die Klinik zu bringen, hat er 2012 auch einen ERC Consolidator Grant erhalten.

Beim Phasenkontrast-Röntgen wird nicht nur gemessen, wie stark Gewebe Röntgen­strahlung absorbiert, sondern auch, wie das Gewebe die Strahlung beugt und wie es die Phase beeinflusst. Je nach Gewebeart ist auch das gesamte Streu­verhalten unterschiedlich. Um dies messen zu können, setzten die Wissenschaftler drei sehr feine Gitter ein. Das Erste befindet sich unmittelbar nach der Röntgen­quelle und beleuchtet das Objekt mit der nötigen Kohärenz. Ein weiteres Gitter ist nach dem Objekt platziert und generiert ein Interferenz­signal, das vom dritten Gitter analysiert wird. Algorithmen bestimmen aus dem Interferenz­signal die Absorptions-, Phasen- und Streueigenschaften des Objekts. Aus diesen Informationen lassen sich scharfe und kontrast­reiche Bilder generieren, die Weichteile besonders detailreich zeigen.

Am Anfang dieser Entwicklung stand eine unerwartete Entdeckung von Zhentian Wang: „Per Zufall beobachtete ich bei meinen Versuchen mit der Phasen­kontrast­technik, dass sich Mikro­verkalkungen in Brustgewebe in ihren Absorptions- und Streusignalen unterscheiden. Das war der entscheidende Hinweis darauf, dass mit der neuen Methode verschiedene Typen von Verkalkungen abgebildet werden können“, sagt er. Daraufhin ackerte Wang die medizinische Literatur durch und fand Studien, die aufzeigten, dass ein bestimmter Verkalkungstyp häufiger mit Brustkrebs gekoppelt ist. „Dadurch wurde mir klar, dass meine Beobachtung für die Brustkrebs­diagnose interessant sein könnte“, sagt der Forscher.

„Wir erhoffen uns von der Methode, dass sie im Vergleich zur herkömmlichen Mammographie besser aufzeigt, wo im Brustgewebe eine Biopsie gemacht werden muss“, sagt Rahel Kubik, Chefärztin am Institut für Radiologie des Kantons­spitals Baden. Noch sei die Methode nicht bereit für den Einsatz in der Klinik, da sie erst an größeren Fallzahlen evaluiert werden müsse, gibt die Radiologin zu bedenken. „Zuversichtlich stimmt jedoch die Tatsache, dass sich die Befunde der neuen Methode den bekannten unter­schied­lichen mikroskopischen Verkalkungs­arten zuordnen lassen“, bestätigt Gad Singer, Chefarzt am Institut für Pathologie am Kantonsspital Baden.

Ob die Technik den Transfer in die Klinik schafft, hängt nicht zuletzt von der notwendigen Strahlen­dosis ab, die eingesetzt werden muss. Bislang arbeiteten die Forscher mit einem Prototyp. Dieser ist für den Einsatz in der Klinik noch nicht geeignet. Außerdem untersuchten sie vorerst Proben von Brustgewebe, nicht aber direkt Patientinnen. „Eines unserer nächsten Ziele wird sein, ein klinik­taugliches Gerät zu entwickeln“, so Marco Stampanoni.

ETHZ / DE

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