06.10.2015

Wanderung in Graphen

Simulation von starker Bestrahlung einer Kohlenstoffschicht mit Laserpulsen.

Trifft Licht auf Elektronen, bewegen diese sich rasend schnell, innerhalb weniger Attosekunden. Was mit Elektronen in Graphenatomen passiert, wenn starke Laserpulse auf sie treffen, haben Forscher des Münchener Labors für Attosekundenphysik in Zusammenarbeit mit dem Center for Nano-Optics der Georgia State University in Atlanta simuliert. Ziel solcher Simulationen ist das Verständnis der Licht-Teilchen-Wechselwirkung im Mikrokosmos. Zukünftig könnte so eine lichtwellengesteuerte Elektronik möglich werden, die rund 100.000 Mal schneller wäre als heutigen Technologien und demnach im Petahertz-Bereich arbeiten. Graphen mit seinen außergewöhnlichen Eigenschaften eignet sich dabei als Material für erste Versuche besonders gut.

Abb.: Ein Laserpuls trifft auf eine zweidimensionale Schicht aus Graphen. Dabei verschiebt das Licht die Elektronen der Kohlenstoffatome. (Bild: Chr. Hackenberger, MPQ)

Die dafür notwendigen experimentellen Messmethoden befinden sich in der Entwicklungsphase, allerdings lassen sich die physikalischen Prozesse mit Hilfe von Simulationen untersuchen. Die Physiker haben nun berechnet, was mit den Elektronen in einem Graphen-Kristall passiert, wenn sie  ein starker Lichtpuls trifft: Das Laserfeld regt sie an und verschiebt sie, wodurch sich die Ladungsdichteverteilung ändert. Währenddessen wird ein extrem kurzer Elektronenpuls an der Probe gestreut. Mit der Diffraktometrie, also der Ablenkung dieser Materiewellen, können die Forscher schließen, welche Veränderungender Laserblitz in der Ladungsdichte auslöst.

Die Simulation eines solchen Ereignisses hat nun komplexe Zusammenhänge aufgezeigt zwischen der Anregung von Elektronen durch Licht und ihrer darauf folgenden ultraschnellen Wanderschaft in und zwischen den Kohlenstoffatomen in der Graphenschicht. Benachbarte Atome teilen sich die nur schwach gebundenen Valenzelektronen. Ihr Verhalten untersuchen die Wissenschaftler, indem sie die elektrische Ladung innerhalb von mikroskopisch kleinen Volumeneinheiten, die unterschiedliche chemische Bindungen repräsentieren, analysieren. Während der Bestrahlung mit dem Laserpuls findet eine signifikante Umverteilung der Ladung statt; gleichzeitig ist die Verschiebung aufgrund des elektromagnetischen Felds des Laserpulses sehr klein, sie beträgt weniger als ein Pikometer. Die Rechnungen zeigten außerdem, dass der lichtinduzierte elektrische Strom nicht gleichmäßig durch die Schicht fließt, sondern nur entlang der chemischen Bindungen zwischen den Kohlenstoffatomen.

Die Simulationen sollen dazu beitragen, Experimente für Ultrakurzzeit-Elektronendiffraktometrie zielgerichtet aufzubauen. „Möglicherweise werden viele weitere Phänomene entdeckt“, sagt Vladislav Yakovlev, der wissenschaftliche Leiter der Simulationen. „Möglicherweise werden Abweichungen von unseren Vorhersagen beobachtet. Aber auf jeden Fall sind wir uns ziemlich sicher, dass es noch einiges an neuer grundlegender Physik zu messen gibt, und dass ein Blick in die Licht-Materie Wechselwirkung mit atomarer Auflösung zwar anspruchsvoll, aber möglich ist“, ergänzt er.

MPQ / OD

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