Wann droht ein Vulkanausbruch bei Neapel?
Phlegräische Felder stehen am Anfang eines Caldera-Zyklus.
Die Phlegräischen Felder nahe Neapel gehören zu den vulkanisch aktivsten und unruhigsten Gegenden der Welt. Neben unzähligen kleineren Vulkanausbrüchen kam es hier vor 39.000 und vor 15.000 Jahren zu gewaltigen Eruptionen, die Calderen hinterließen. Dazwischen brachen auch kleinere Vulkane immer wieder aus. In jüngster Zeit sind die Phlegräischen Felder wieder aktiver. Vulkanologen unter der Federführung von Francesca Forni und Olivier Bachmann von der ETH Zürich zeigen nun, dass die Phlegräischen Felder Caldera-Zyklen durchlaufen. Derzeit, so folgern sie, steht dieses Vulkangebiet am Anfang eines neuen Zyklus. Kulminieren könnte dieser in einer weiteren gewaltigen Eruption.
Abb.: Satellitensicht auf die Bucht von Neapel mit den Phlegräischen Feldern und dem Vesuv. (Bild: ESA, CC-BY SA 3.0 IGO)
Ein Zyklus beginnt damit, dass sich Magma aus der Tiefe der Erde über tausende von Jahren in einem großen Reservoir in der Erdkruste ansammelt. Dieses Stadium ist gekennzeichnet durch lange Ruhephasen und kleinere Ausbrüche von differenzierter Magma. Auslöser einer Megaeruption ist indes eine weitere Magmainjektion in die Kammer. Das Reservoir leert sich schlagartig, seine Decke stürzt ein – eine Caldera entsteht und der Zyklus kann von Neuem beginnen. Hinweise auf den Beginn des neuen Zyklus lieferte den Forschern Gestein, das von 23 früheren Vulkanausbrüchen auf den Phlegräischen Feldern stammt. Insbesondere Gesteinsmaterial vom Monte Nuovo, der zuletzt 1538 ausbrach, glich in seiner Zusammensetzung demjenigen, das im Vorfeld der zwei großen Ausbrüche ausgespuckt wurde.
Dabei nutzten die Forscher die Tatsache aus, dass die chemische Zusammensetzung von Mineralien aus magmatischem Gestein Informationen über die Bedingungen, unter denen sie entstehen, speichern. Vergleichen die Vulkanologen nun diese chemischen Signaturen von Gesteinen aus unterschiedlichen Epochen, können sie die Bedingungen, die im Untergrund herrschten, rekonstruieren. Damit können sie das Stadium, in welchem sich das Magmasystem derzeit befindet, bestimmen. Parallel dazu modellierten die Vulkanologen den Zyklusverlauf. „Diese Studie ist deshalb wichtig, weil wir aus früheren Ausbrüchen den Rhythmus von Supervulkanen rekonstruieren können – in diesem Fall den der Phlegräischen Felder, aber prinzipiell ist dies für alle Supervulkane der Erde machbar. Wir hoffen, dass wir auch vorhersagen können, wo sie in ihrem Zyklus stehen“, sagt Vulkanologe Olivier Bachmann.
Eine Prognose, wann den Phlegräischen Feldern ein großer Ausbruch bevorsteht, ist trotzdem nicht möglich. In einem ist sich die ehemalige ETH-Doktorandin Forni jedoch sicher: „Eine katastrophale Eruption ist kaum in den nächsten 20.000 Jahren zu erwarten, denn das Magmareservoir unter den Phlegräischen Feldern lädt sich nur sehr langsam auf. Einen großen Ausbruch werden wir und künftige Generationen, vielleicht auch die gesamte Menschheit, nicht mehr erleben.“ Dennoch sei es wichtig, die Entwicklung der Phlegräischen Felder weiterhin dauerhaft und lückenlos zu überwachen. Bereits kleinere Vulkanausbrüche, die auch in einer frühen Phase des Zyklus auftreten können, würden in der Region ein Chaos verursachen, sagt Forni. Zu den frühen Anzeichen, dass eine Magmakammer vor einer Eruption steht, gehören Bodenhebungen und eine sich verändernde Zusammensetzung von Gasen, die auf den Phlegräischen Feldern austreten.
Eine gigantischer Vulkanausbruch wäre nicht nur für den Großraum Neapel verheerend, sondern auch für den Rest der Welt. Schon früher verursachten Supervulkane kurzfristige, weltweite Klimakatastrophen und damit einhergehend Missernten und Hungersnöte. Gut dokumentiert ist beispielsweise der Ausbruch des indonesischen Supervulkans Tambora im Jahr 1815. Das darauffolgende Jahr ging als „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichtsbücher ein. Von einer Missernte betroffen war auch Mitteleuropa.
ETHZ / JOL