21.11.2018

Wann droht ein Vulkanausbruch bei Neapel?

Phlegräische Felder stehen am Anfang eines Caldera-Zyklus.

Die Phle­gräischen Felder nahe Neapel gehören zu den vulkanisch aktivsten und unru­higsten Gegenden der Welt. Neben unzähligen kleineren Vulkan­ausbrüchen kam es hier vor 39.000 und vor 15.000 Jahren zu gewaltigen Eruptionen, die Calderen hinterließen. Dazwischen brachen auch kleinere Vulkane immer wieder aus. In jüngster Zeit sind die Phle­gräischen Felder wieder aktiver. Vulkano­logen unter der Feder­führung von Francesca Forni und Olivier Bachmann von der ETH Zürich zeigen nun, dass die Phle­gräischen Felder Caldera-Zyklen durchlaufen. Derzeit, so folgern sie, steht dieses Vulkan­gebiet am Anfang eines neuen Zyklus. Kulminieren könnte dieser in einer weiteren gewaltigen Eruption.

Abb.: Satellitensicht auf die Bucht von Neapel mit den Phlegräischen Feldern und dem Vesuv. (Bild: ESA, CC-BY SA 3.0 IGO)

Ein Zyklus beginnt damit, dass sich Magma aus der Tiefe der Erde über tausende von Jahren in einem großen Reservoir in der Erdkruste ansammelt. Dieses Stadium ist gekenn­zeichnet durch lange Ruhephasen und kleinere Ausbrüche von differen­zierter Magma. Auslöser einer Mega­eruption ist indes eine weitere Magmainjektion in die Kammer. Das Reservoir leert sich schlagartig, seine Decke stürzt ein – eine Caldera entsteht und der Zyklus kann von Neuem beginnen. Hinweise auf den Beginn des neuen Zyklus lieferte den Forschern Gestein, das von 23 früheren Vulkan­ausbrüchen auf den Phle­gräischen Feldern stammt. Insbe­sondere Gesteins­material vom Monte Nuovo, der zuletzt 1538 ausbrach, glich in seiner Zusammen­setzung demjenigen, das im Vorfeld der zwei großen Ausbrüche ausgespuckt wurde.

Dabei nutzten die Forscher die Tatsache aus, dass die chemische Zusammen­setzung von Mineralien aus magmatischem Gestein Infor­mationen über die Bedingungen, unter denen sie entstehen, speichern. Vergleichen die Vulkano­logen nun diese chemischen Signa­turen von Gesteinen aus unter­schiedlichen Epochen, können sie die Bedin­gungen, die im Unter­grund herrschten, rekonstruieren. Damit können sie das Stadium, in welchem sich das Magma­system derzeit befindet, bestimmen. Parallel dazu model­lierten die Vulkano­logen den Zyklus­verlauf. „Diese Studie ist deshalb wichtig, weil wir aus früheren Ausbrüchen den Rhythmus von Super­vulkanen rekonstruieren können – in diesem Fall den der Phle­gräischen Felder, aber prinzi­piell ist dies für alle Super­vulkane der Erde machbar. Wir hoffen, dass wir auch vorher­sagen können, wo sie in ihrem Zyklus stehen“, sagt Vulkano­loge Olivier Bachmann.

Eine Prognose, wann den Phle­gräischen Feldern ein großer Ausbruch bevorsteht, ist trotzdem nicht möglich. In einem ist sich die ehe­malige ETH-Doktorandin Forni jedoch sicher: „Eine katastro­phale Eruption ist kaum in den nächsten 20.000 Jahren zu erwarten, denn das Magma­reservoir unter den Phle­gräischen Feldern lädt sich nur sehr langsam auf. Einen großen Ausbruch werden wir und künftige Gene­rationen, vielleicht auch die gesamte Mensch­heit, nicht mehr erleben.“ Dennoch sei es wichtig, die Entwicklung der Phle­gräischen Felder weiterhin dauerhaft und lückenlos zu überwachen. Bereits kleinere Vulkanausbrüche, die auch in einer frühen Phase des Zyklus auftreten können, würden in der Region ein Chaos verursachen, sagt Forni. Zu den frühen Anzeichen, dass eine Magma­kammer vor einer Eruption steht, gehören Boden­hebungen und eine sich verändernde Zusammen­setzung von Gasen, die auf den Phle­gräischen Feldern austreten.

Eine gigantischer Vulkan­ausbruch wäre nicht nur für den Großraum Neapel verheerend, sondern auch für den Rest der Welt. Schon früher verur­sachten Super­vulkane kurz­fristige, weltweite Klima­katastrophen und damit einher­gehend Missernten und Hungers­nöte. Gut dokumentiert ist beispiels­weise der Ausbruch des indo­nesischen Supervulkans Tambora im Jahr 1815. Das darauf­folgende Jahr ging als „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichts­bücher ein. Von einer Missernte betroffen war auch Mittel­europa.

ETHZ / JOL

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