Was Kristalle zusammenhält
Neue Methode ermöglicht detaillierte Ausmessung interatomarer Kräfte.
Die zeitaufgelöste Messung der atomaren Bewegungen, die einer Anregung mit extrem starken Lichtpulsen folgen, ermöglichte es Forschern des MPI für Struktur und Dynamik der Materie, die interatomaren Kräfte weitab vom Gleichgewicht zu messen. Die Messungen gewähren neue Einblicke in die mechanischen Eigenschaften von Materie und deren Instabilität in der Nähe von Phasenübergängen.
Abb.: Intensive Laserpulse im mittleren Infrarot treiben die Gitterschwingungen eines Kristalls in das extrem anharmonische Regime und erlauben so die Rekonstruktion des interatomaren Potenzials. (Bild: J. Harms, MPSD)
Kristalle werden durch extrem starke Kräfte zusammengehalten, die alle ihre thermischen und mechanischen Eigenschaften bestimmen. Die Temperatur bei der ein bestimmtes Material schmilzt oder seine Form verändert und seine Druck- und Scherfestigkeit werden durch dieses Kraftfeld bestimmt. Die Kräfte werden routinemäßig mit ausgefeilten theoretischen Methoden berechnet. Bislang konnte jedoch kein Experiment diese Berechnungen quantitativ validieren.
Das Team unter der Leitung von Andrea Cavalleri hat jetzt ultrakurze Laserblitze im mittleren Infrarotbereich eingesetzt, um Atome weit aus ihrer Gleichgewichtsanordnung auszulenken. Durch die zeitaufgelöste Messung der atomaren Schwingungen nach dem Abschalten des Impulses konnten die Forscher die Natur der Kräfte rekonstruieren, die einen Kristall im Innersten zusammenhalten.
„Wir nutzen starke Laserfelder, um die Atome zu Auslenkungen zu treiben, bei denen ihre Dynamik nicht mehr innerhalb der harmonischen Näherung beschrieben werden kann“, erklärt Team-
Die entsprechenden Auslenkungen der Atome aus ihrer Ruhelage sind enorm auf der Skala der interatomaren Abstände, erreichen jedoch nur wenige Pikometer. Die Schwingungen wurden mit einem zweiten, noch kürzeren Laserpuls verfolgt. Obwohl die Atome mit Geschwindigkeiten jenseits von tausend Metern pro Sekunde oszillierten, konnte ihre Bewegung in Ultrazeitlupe verfolgt werden. Diese zeitaufgelöste Messung war der Schlüssel, mit dem die Kräfte, die auf die Atome wirken, rekonstruiert werden konnten. Die Arbeit etabliert eine neue Art der nichtlinearen Spektroskopie, die in der Lage ist, eine der grundlegendsten mikroskopischen Eigenschaften von Materialien zu erfassen. Die Studie unterstreicht die Möglichkeiten neuer fortschrittlicher optischer Quellen und ebnet den Weg zu einer zukünftigen, noch aufschlussreicheren Reihe von Experimenten am Freie-
MPSD / RK