Bis vor wenigen Jahren galt die Mondoberfläche als völlig trocken. Dann belegte die Analyse von Infrarotmessungen 2009 erstmals das Vorkommen von Wasser auf der Oberfläche des Erdtrabanten. Jetzt konnten Christian Wöhler und Arne Grumpe von der TU Dortmund gemeinsam mit Forschern aus Russland zeigen, dass auf der Mondoberfläche sogar deutlich mehr Wasser vorhanden ist, als man bislang nachweisen konnte.
Abb.: Die Verteilung von Wasser oder Hydroxyl auf der westlichen Hälfte des Mondes am Morgen, Mittag und Nachmittag: Blaue Farbtöne bedeuten hohe und gelb-rötliche Farbtöne geringe Konzentrationen. (Bild: TU Dortmund)
Das Team analysierte Infrarotmessungen, die ein Spektrometer an Bord der indischen Raumsonde Chandrayaan-1 im Jahr 2009 aufgenommen hatte. Dazu haben die Forscher eine neue Methode entwickelt, die eine genauere Analyse ermöglicht und daher zu neuen Erkenntnissen führt. „Die Analyse von Infrarot-Spektraldaten ist äußerst komplex“, sagt Wöhler. „So müssen zum Beispiel verschiedene Einflüsse wie die Wärmestrahlung korrigiert werden. Darauf haben wir in diesem Fall besonders genau geachtet.“ So konnte das Team zeigen, dass Wasserstoff-Sauerstoff-Verbindungen in der obersten Schicht der gesamten Mondoberfläche eingelagert sind und nicht – wie bisher angenommen – ausschließlich in der Nähe der Pole des Mondes. Darüber hinaus zeigt ihre Analyse, dass sich die Verteilung des Wassers im Verlauf des Mondtages verändert.
Vermutlich produziert der Sonnenwind das Wasser auf dem Mond. Er enthält Protonen, die mit dem Sauerstoff im Gestein der Mondoberfläche reagieren. Wie genau diese Wasserstoff-Sauerstoff-Verbindungen aussehen, können die Forscher allerdings nicht sagen. Sie vermuten, dass es sich um Wasser oder Hydroxyl handelt. Da die chemische Bindung mit dem Oberflächenmaterial nicht stark ist, löst sie sich im Laufe des Mondtages durch Prozesse wie Verdampfung schnell wieder.
Für die Analyse der Infrarotmessungen nutzte das Team die Tatsache, dass Wasserstoff-Sauerstoff-Verbindungen wie Wasser und Hydroxyl Licht bei einer Wellenlänge von drei Mikrometern absorbieren. Diese Absorption zeigte den Forschern, dass das Wasser beinahe überall in der Oberfläche gebunden ist. Ihre Ergebnisse machen außerdem deutlich, dass sich die Verteilung des Wassers im Laufe des Mondtages ändert: So zeigen die Hochland-Regionen in den nördlichen und südlichen Breiten am Morgen und Abend eine stärkere Absorption – und damit ein höheres Wasservorkommen – als am Mittag. Die Mare-Regionen des Mondes zeigen dagegen zu allen Tageszeiten eine schwächere Absorption.
Die Forschungsergebnisse machen außerdem deutlich, dass die Entstehung von Wasser oder Hydroxyl auf der Mondoberfläche noch genauer untersucht werden muss. Die Forscher gehen davon aus, dass in den Hochland-Regionen chemisch stärker gebundene Wasser- oder Hydroxyl-Komponenten vorhanden sein müssen, die sich nicht auflösen, sondern den ganzen Tag lang bestehen bleiben. Diese können nicht durch die Absorption von Protonen des Sonnenwinds erklärt werden. Dieser Fragestellung wollen sich die Forscher im weiteren Verlauf ihrer Kooperation widmen.
TU Dortmund / RK