Wasser-in-Salz-Elektrolyt für günstigere Akkus
Ionische Flüssigkeit mit Wasseranteilen erlaubt höhere Spannungen – Alternative zu giftigen organischen Lösungsmitteln.
Wasser ist in herkömmlichen Lithiumionen-Akkus absolut unerwünscht. Schon wenig Feuchtigkeit reduziert die Haltbarkeit und kann im Extremfall zu einer gefährlichen, elektrolytischen Bildung von Wasserstoffgas führen. Dennoch ersetzte nun eine amerikanische Forschergruppe den wasserfreien Elektrolyten aus organischen Lösungsmitteln gegen eine wässrige Salzlösung. Dank einer extrem hohen Salzkonzentration konnte die Bildung von Wasserstoff selbst bei relativ hohen Spannungen unterbunden werden. Auf diesem Ansatz aufbauend könnten nun leistungsfähige Lithiumionen-Akkus entwickelt werden, die sich günstiger produzieren und leichter recyceln ließen.
Abb.: Lithiumionen-Akkus im Vergleich: Eine konzentrierte Salzlösung (Wasser-in-Salz, rechts) ermöglicht höhere Spannungen als bisherige wässrige Elektrolyte (Salz-in-Wasser, links; Bild: L. Suo et al., U. Maryland)
„Diese Arbeit könnte die gesamte Elektrochemie mit wässrigen Elektrolyten in eine neue Richtung führen“, sagt Kang Xu vom US-Army Research Laboratory in Adelphi. Denn Xu ist es mit seinen Kollegen von der University of Maryland in College Park zum ersten Mal die Bildung einer speziellen Passierungsschicht auf der Anode eines Lithiumionen-Akkus geglückt, dank derer die Batterie höhere Spannungen liefern konnte als bisher. Ihr Prototyp zeigt damit einen Weg auf, um die heute oft genutzten organischen Flüssigkeiten aus den Lithiumionen-Akkus in Zukunft zu verbannen. Diese bisher favorisierten, wasserfreien Elektrolyte auf Ester-Basis ermöglichen zwar hohe Energiedichten und eine lange Lebensdauer. Doch sind sie hochgiftig und erfordern teure Produktionsprozesse in Reinräumen mit extrem geringer Luftfeuchtigkeit.
„Nun können Batterien mit wässrigen Elektrolyten mit herkömmlichen Lithiumionen-Akkus konkurrieren“, sagt Xus Kollege Chunsheng Wang. Dazu lösten die Akkuforscher ein spezielles Lithium-Salz, Lithiumbistrifluoromethansulfonylimid LiTFSI, in Wasser auf. Dieses Salz zählt zu den „Ionischen Flüssigkeiten“, die bei Raumtemperatur selbst schon flüssig und sehr gut in Wasser löslich sind. Mit einer hoch konzentrierten, mindestens 20-molaren Salzlösung („Wasser-in-Salz-Elektrolyt“) füllten die Forscher den Raum zwischen den beiden Akku-Elektroden auf und testeten das Ladeverhalten des Prototyps. Die Anode bestand aus Molybdänsulfid Mo6S8, die Kathode aus Lithiummanganat.
Über etwa tausend Ladezyklen lieferte der Akku eine Spannung von 2,3 Volt ohne Bildung von störendem Wasserstoff. Energiedichten von bis zu hundert Wattstunden pro Kilogramm waren damit möglich. Zum Vergleich: Die maximale Spannung früherer Lithiumionen-Systeme mit wässrigem Elektrolyten lag deutlich darunter bei etwa 1,23 Volt. Wegen dieser geringen Spannung ließen sich höchstens Energiedichten von etwa 50 Wh/kg erzielen. Nach Aussage der Forscher könnten mit diesem Wasser-in-Salz-Elektrolyten sogar Akku-Spannungen von bis zu drei Volt möglich werden.
Abb.: Prototyp eines Lithiumionen-Akkus mit wässrigem Elektrolyt (Bild: L. Suo et al., U. Maryland)
Nach den Testläufen, in denen die Akku sowohl langsam als auch schnell aufgeladen wurden, nahmen die Akkuforscher ihren Prototyp wieder auseinander und untersuchten die Elektroden mit verschiedenen spektrovskopischen Verfahren (NMR, Raman, XPS). Dabei entdeckten sie, dass sich auf der Anode eine dünne Schicht aus Lithiumfluorid gebildet hatte. Verantwortlich dafür war die extrem hohe Salzkonzentration im Elektrolyten. Das Lithiumfluorid wirkte als sogenannte Passivierungsschicht, dank derer die Produktion von Wasserstoff unterdrückt wurde.
„Mit diesen höheren Spannungen könnte nun eine neue Generation sicherer und günstigerer Lithiumionen-Akkus entwickelt werden“, bestätigt Jeff Dahn, Akkuforscher von der kanadischen Dalhousie University in Halifax, der nicht an diesen Versuchen beteiligt war. Kostensenkend könnten sich die einfacheren Produktionsbedindungen ohne Reinräume mit extrem trockener Atmosphäre auswirken, die für Akkus mit wässrigen Elektrolyten ausreichend wären. Da diese Akkus ohne giftige Lösungsmittel auskommen, ergäben sich auch bessere Recyclingmöglichkeiten.
Für stationäre Stromspeicher, die überschüssigen Strom aus Wind- und Solarparks kurzfristig aufnehmen, könnten diese neuen Lithiumionen-Akkus schon in weniger als fünf Jahren einsatzreif sein. Etwa doppelt so lang soll es nach Aussage der Entwickler für Akkus mit möglichst hoher Energiedichte dauern, die in Smartphones oder Elektroautos eingesetzt werden. Im Laufe dieser Entwicklung müsste der Kapazitätsverlust nach tausend Ladezyklen, der derzeit noch etwa dreißig Prozent beträgt, reduziert werden. „Aber unsere Ergebnisse könnten auch für zukünftige Metall-Luft-Akkus oder auch für Brennstoffzellen und neue Superkondensatoren wichtig werden“, sagt Xu.
Jan Oliver Löfken
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