10.07.2015

Wasserstoffisotope zeigen Details im globalen Wasserkreislauf

Pflanzen nutzen überraschend geringen Wasseranteil – und setzen möglicherweise weniger Kohlendioxid um als angenommen

Verdunstung und Niederschlag bestimmen auf den ersten Blick den globalen Wasserkreislauf. Doch die jährlich knapp 500.000 Kubikkilometer Wasser, die als Schnee, Hagel oder Regen fallen, bewegen sich teils auf sehr verschiedenen Wegen. Geophysiker der University of Utah in Salt Lake City konnten diese Wege nun mit einer komplexen Analyse quantitativ beschreiben. Ihre Ergebnisse haben das Potenzial, die Bewässerungsplanung von Agrarflächen oder auch Klimamodelle zu verbessern.

Abb.: Unita-Gebirge in Utah: Wasser verdunstet von der Oberfläche eines Sees, von den Oberflächen der Pflanzen oder gelangt über Pflanzenatmung indirekt in die Atmosphäre. (Bild: S. Good, U. Utah)

Drei Viertel der Niederschläge gehen über die Ozeane nieder und finden über Verdunstung wieder ihren Weg in die Atmosphäre. Komplizierter ist es jedoch bei Niederschlägen über Land. Stephen Good und seine Kollegen von der University of Utah wollten mit ihrer Analyse die Pfade beschreiben, den der Landregen im globalen Mittel nimmt. Möglich wurde diese bisher genaueste Studie über den kontinentalen Wasserkreislauf auf der Basis unterschiedlicher Verhältnisse schwerer und leichter Wasserstoffisotope zueinander. Dieses Isotopenverhältnis variiert im Wasser je nach eingeschlagenem Weg im Wasserkreislauf.

Von Pflanzen transpiriertes Wasser weist etwas höhere Deuterium-Anteile auf, aus Seen und Flüssen verdunstetes Wasser dagegen niedrigere. Direkt von Blättern verdunstetes Wasser zeigt – wie erwartet – ein identisches Isotopenverhältnis wie Regenwasser. Mit diesem Wissen werteten Good und Kollegen nun Wasserdampfmessungen des Nasa-Satelliten Aura und Daten eines globalen Netzwerks von 500 Messstationen der internationalen Atomenergiebehörde IAEA aus. Eingespeist in ein eigens entwickeltes Simulationsprogramm konnten die Forscher den Weg der globalen Niederschläge nachzeichnen.

Ein Viertel des Niederschlags fließt direkt über Flüsse in die Weltmeere ab. Den größten Teil der restlichen Menge – knapp Zweidrittel – nehmen Pflanzen auf und verzögern so die Rückgabe an die Atmosphäre, die über Transpiration erfolgt. Ein Viertel verdunstet direkt von den Oberflächen der Blätter und nur ein Zehntel vom Boden und von den Wasserflächen der Seen und Flüsse. Überrascht waren die Forscher vom schnellen Abfluss des Wassers, das in den Boden eindringt. Rund Zweidrittel davon verbleiben nur kurz im Grundwasser, in Seen oder Flüssen. Ohne im Boden dauerhaft gespeichert oder von Pflanzen aufgenommen zu werden, fließen diese Wassermengen in die Ozeane ab.

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist der überraschend geringe Wasseranteil, den die Pflanzen nutzen. Für ihr Wachstum benötigen sie nur knapp die Hälfte des über Land fallenden Niederschlags. Bisher gingen Schätzungen von über 65 Prozent aus. So weist der Wasserverbrauch der Pflanzen auf deren biologische Aktivität hin. Dieser Wert ist für die natürliche Aufnahme des Treibhausgases Kohlendioxid über die Photosynthese von großer Bedeutung und kann zu besseren Klimamodellen führen. Der geringere Wert könnte nun bedeuten, dass die Pflanzen weniger aktiv sind als gedacht und somit auch weniger Kohlendioxid aus der Atmosphäre bei der Photosynthese umsetzen als bisher angenommen.

Mit diesem Wissen über den globalen Wasserkreislauf lassen sich, so die Hoffnung, die Wechselwirkungen zwischen Klima und Ökosystem besser verstehen. Aber auch die Chancen für eine möglichst sichere Wasserversorgung der globalen Landwirtschaft lassen sich besser abschätzen. Dazu könnten in Folgestudien ähnliche Modelle für bestimmte Regionen angewandt werden. Wahrscheinlich ließen sich dann auch die relativ großen Unsicherheiten der aktuellen Wasserkreislauf-Studie reduzieren.

Jan Oliver Löfken

RK

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