29.11.2010

Wellenreiten im Festkörper

Experiment ermöglicht neue Einblicke in die Dynamik zwischen Elektronen und Kristallgitter in Ladungsdichtewellen.

Experiment ermöglicht neue Einblicke in die Dynamik zwischen Elektronen und Kristallgitter in Ladungsdichtewellen.

Physiker der Universität Konstanz konnten zum ersten Mal die Strukturdynamik in einem sogenannten stark korrelierten System nachverfolgen. Die in Kooperation mit Wissenschaftlern der kanadischen University of Toronto und der schweizerischen École Polytechnique Fédérale de Lausanne erzielten Forschungsergebnisse ermöglichen die Beobachtung kooperativer Phänomene von elektronischem System und Kristallgitter.

Technologisch als auch für die Grundlagenforschung interessante Phänomene wie die Hochtemperatur-Supraleitung entstehen aus einer empfindlichen Balance unterschiedlicher Wechselwirkungen zwischen Elektronen, Phononen und Spins. Messtechniken mit einer Zeitauflösung im Femtosekundenbereich ermöglichen eine direkte Beobachtung besagter Wechselwirkungen, indem sie schlagartig die elektronische Struktur stören und gleichzeitig die Energierelaxation der verschiedenen Subsysteme nachverfolgen. Während die Elektronen- und Spindynamik durch ausgereifte, rein optische Methoden gut untersucht werden können, gestaltet sich das direkte Verfolgen der Strukturdynamik hingegen sehr viel schwieriger.

Ein zur Supraleitung sehr nah verwandter Zustand sind Ladungsdichtewellen, welche durch ihre niedrige Dimensionalität ein ideales Modellsystem zur Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Elektronen und Gitter bieten. In diesem Fall ist der Kristall bei tiefen Temperaturen durch eine periodische Gitterdeformation und durch eine Modulation der Elektronendichte charakterisiert. Diesen Zustand kann man sich im bildlichen Sinne wie riesige Ozeanwellen vorstellen.

Die Konstanzer Forscher untersuchten nun die Gitterdynamik an einem TaS2 Kristall. Dünne Filme dieses zweidimensionalen Ladungsdichtewellen-Systems wurden optisch mit Hilfe ultrakurzer Lichtimpulse angeregt, um die resultierenden Änderungen im elektronischen System durch einen zweiten Laserimpuls zu verfolgen. Parallel dazu wurde die Strukturänderung anhand von Beugungsbildern aufgezeichnet, die durch ultrakurze Elektronenbündel von weniger als 250 Femtosekunden generiert wurden.

Dadurch fanden die Forscher heraus, dass die Zerstörung der Elektronendichtemodulation durch intensive optische Anregung das Schmelzen der periodischen Gitterdeformation auf einer außergewöhnlich kurzen Zeitskala von etwa 250 Femtosekunden bewirkt. „Die sinnbildlichen 'Meereswellen' werden also durch Lichteinstrahlung beruhigt, türmen sich aber wieder auf, sobald das Licht schwindet“, erklärt Jure Demsar von der Universität Konstanz. Das beobachtete kollektive Phänomen wirft ein neues Licht auf die Dynamik und die Entstehung solch makroskopischer Quantenphänomene.

Universität Konstanz / AL

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