07.10.2016

Weltkleinster Transistor aus Molybdändisulfid

Prototyp enthält ein nur einen Nanometer kleines Gatter aus einem Kohlenstoff-Nanoröhrchen.

Noch immer gelingt es Chip­herstellern, immer mehr und kleinere Transis­toren auf ihren Chips anzuordnen. Bis auf 12 bis 20 Nanometer sind die Strukturen der Silizium­schalt­kreise bereits geschrumpft. Doch ab fünf Nanometer erwarten die Entwickler störende Tunnel­effekte, durch die Leckströme ein verläss­liches Schalten unmöglich machen. Doch mit dem Halbleiter Molybdän­disulfid, das heute auch als Schmier­mittel verwendet wird, könnten Transis­toren noch kleiner werden. Kalifornische Wissen­schaftler präsentierten nun einen Transistor, der mit nur einen Nanometer kleinen Strukturen zuverlässig funktionierte. Dieser Prototyp ist zwar noch weit von einer Anwendung in Computer­chips entfernt, eröffnet der Halbleiter­branche jedoch neue Chancen für leistungs­fähigere Prozes­soren.

Abb.: Aufbau des weltkleinsten Transistors aus Molybdändisulfid mit einem Gatter aus einem Kohlenstoff-Nanoröhrchen. (Bild: S. Desai, LBNL)

„Unsere Arbeit zeigt, dass wir mit der sorg­fältigen Wahl geeigneter Halb­leiter die Länge eines Gatters bis auf einen Nanometer reduzieren konnten“, sagt Ali Javey vom Lawrance Berkeley National Labo­ratory. Möglich wurde dieser Rekord-Transistor mit Kristallen aus Molybdän­disulfid. In dem Halbleiter­material stießen Elektronen auf einen größeren Widerstand als in Silizium und zeigten dadurch eine größere effektive Masse. Störende Tunnel­effekte konnten dadurch vermieden werden.

Für die Fertigung des Transistors deponierten Javey und seine Kollegen ein nur ein Nanometer dickes, einwandiges Nano­röhrchen aus Kohlenstoff auf einer hochreinen Unterlage aus Silizium und Silizium­oxid. Dieses Röhrchen, eingebettet in einer isolierenden Schicht aus dielektrischem Zirkonium­oxid, übernahm die Rolle des Gatters (gate). Über diese Schicht legten die Wissen­schaftler flache Kristalle aus Molybdän­disulfid und kontaktierten die Enden mit kleinen Elektroden aus Nickel. Diese Kontakte fungierten als Quelle und Senke (source, drain).

In weiteren Versuchen analysierten die Wissen­schaftler die Schalt­charakteris­tik dieses Nano­transistors. Mit Schalt­spannungen zwischen 50 Millivolt und einem Volt kontrollierten sie den Stromfluss zwischen Quelle und Senke. Das Verhältnis der Stromstärke zwischen den beiden Schalt­zuständen betrug etwa eine Million und zeigte damit einen guten Wert. Störende Tunnel­effekte, bei denen Elektronen unkon­trolliert zwischen Quelle und Senke wandern, und daraus resul­tierende Leckströme waren trotz der extrem kleinen Dimension des Nano­röhrchen-Gatters vernach­lässigbar gering.

Abb.: Mikroskopaufnahme des weltkleinsten Transistors aus Molybdändisulfid. (Bild: S. Desai, LBNL)

Für die Chip­hersteller wie Intel, Samsung oder Infineon könnte dieser Prototyp von großer Bedeutung sein. Denn er zeigt erstmals, dass bei fünf Nanometer kleinen Strukturen die Minia­turisierung von Schalt­kreisen noch nicht – wie bisher angenommen – enden muss. Allerdings müsste der etablierte Halbleiter Silizium durch Molybdän­disulfid ersetzt werden. Zuvor sind aber noch weitere Unter­suchungen über die maximal möglichen Schalt­frequenzen nötig, um das Potenzial von Molybdän­disulfid zuverlässig abschätzen zu können.

So ist der Weg zu Prozes­soren mit Aber­milliarden Molybdän­disulfid-Transistoren noch sehr weit. Zusätzlich müsste völlig neue Fertigungs­techniken entwickelt werden, die anstelle der ausgereiften Lithographieverfahren der Siliziumtechnologie treten könnten. Dennoch ist es nicht unwahr­scheinlich, dass dieser Ansatz für einen Ein-Nanometer-Gatter-Tran­sistor in die Roadmap (Inter­national Techno­logy Roadmap for Semi­conductors, ITRS) der Chipentwickler aufgenommen werden könnte. Bis zu einer vorstell­baren Massen­fertigung von Molybdän­disulfid-Chips könnten noch viele Jahre vergehen. Bis dahin werden Chips auf Silizium­basis wahr­scheinlich noch bis weit ins kommende Jahrzehnt optimiert werden können.

Jan Oliver Löfken

JOL

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