29.11.2006

Weniger Studienanfänger in Deutschland

Sowohl der Anteil der Erstsemester an der gleichaltrigen Bevölkerung als auch die Zahl aller Studenten sind 2006 im Jahresvergleich erneut gesunken.

Berlin/Wiesbaden (dpa) - Die Zahl der Studienanfänger ist zum dritten Mal in Folge zurückgegangen, obwohl es auch 2006 erneut mehr Abiturienten gab. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) machte dafür am Mittwoch verschärfte Zulassungsbeschränkungen in immer mehr Studiengängen verantwortlich. Dies sei Folge der unzureichenden Finanzausstattung der Hochschulen durch die Länder. Das Deutsche Studentenwerk (DSW) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verwiesen zudem auf mögliche Abschreckungseffekte durch Studiengebühren. Auch sei das Studenten-Bafög seit 2002 nicht mehr erhöht worden.

Insgesamt nahmen dieses Jahr rund 343 700 junge Menschen ein Studium auf - 3,5 Prozent weniger als im Vorjahr, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. An den Universitäten betrug der Rückgang knapp 5 Prozent, an den Fachhochschulen gut 1 Prozent. Unter den Erstimmatrikulierten waren 169 700 Frauen (49 Prozent). Auch in den beiden Jahren zuvor waren die Anfängerzahlen jeweils zwischen 6 und 3,5 Prozent zurückgegangen.

Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) forderte dazu auf, schnell mehr Studienplätze zu schaffen. «Ich kann an die Länder und die Hochschulen nur appellieren, mit dem Hochschulpakt jetzt schnell die Studienkapazitäten auszubauen», sagte sie der «Financial Times Deutschland». In dem Pakt verpflichten sich Bund und Länder, bis 2010 weitere 90 000 Plätze für Studienanfänger zu schaffen. Dafür wollen beide Seiten gut 1,1 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben. Schavan: «Ein weiterer Studienplatzabbau ist schon deshalb nicht ratsam, weil wir 2009 sehr genau prüfen werden, ob die Ziele des Paktes eingehalten worden sind oder nicht. Wird die Zahl 90 000 nicht erreicht oder bauen einige Länder sogar Studienplätze ab, dann gibt es auch kein Geld vom Bund.»

Die Anfängerzahl ist nach Angaben der HRK vor allem in jenen Ländern gesunken, in denen die Zahl der zulassungsfreien Studiengänge rückläufig ist. Dies gilt vor allem für Sachsen (minus 9,4 Prozent Anfänger), Bremen (minus 9,3), Nordrhein-Westfalen (minus 7,1), Baden-Württemberg (minus 5,4) und Niedersachsen (minus 7,5). In diesen Ländern gebe es um bis zu 39 Prozent weniger zulassungsfreie Studiengänge.

In Berlin (plus 8,2 Prozent Anfänger), Brandenburg (plus 0,6), Hamburg (plus 0,5) und Rheinland-Pfalz (plus 0,4), wo dagegen die Zahl der zulassungsfreien Studiengänge größer geworden sei, hätten sich auch mehr junge Menschen eingeschrieben, erklärte die HRK.

Insgesamt gab es deutlich weniger Anfänger bei Elektrotechnik (minus 15,1 Prozent) und Maschinenbau/Verfahrenstechnik (minus 7,5), gefolgt von Bauingenieurwesen (minus 5,2) und Informatik (minus 5). Die Gesamtzahl der Studierenden in Deutschland ist mit rund 1,98 Millionen nahezu konstant geblieben. 71 Prozent der Studierenden besuchen eine Universität, 29 Prozent eine Fachhochschule.

HRK-Präsidentin Margret Wintermantel sagte: «Die Studienanfängerzahlen sinken, obwohl Deutschland mehr Akademiker braucht.» Aus Geldmangel und wegen der Einführung der betreuungsintensiven neuen Bachelor- und Masterstudiengänge hätten die Hochschulen «aber immer häufiger keine andere Wahl, als die Zulassungen noch weiter zu beschränken». Nur so könne die Qualität der Hochschulausbildung gewährleistet werden.

DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde sagte, der Rückgang bei den Anfängerzahlen müsse «allen Verantwortlichen in der Bildungspolitik zu denken geben». Dazu gehöre die selbstkritische Frage, ob nicht mit Studiengebühren in sieben Bundesländern, Sparen beim Bafög und der Absenkung der Altersgrenze beim Kindergeld von 27 auf 25 Jahre «falsche Signale» gesandt und die Rahmenbedingungen für eine Studienentscheidung verschlechtert worden seien.

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