Wettbewerb schiebt in Netzwerken das Wachstum an
Netzwerke können sich sprunghaft vergrößern, wenn einzelne neue Verbindungen hinzu kommen.
Netzwerke können sich sprunghaft vergrößern, wenn einzelne neue Verbindungen hinzu kommen.
Eine einzige neue Verbindung kann die Größe eines Netzwerkes dramatisch erhöhen – ganz gleich, ob es sich bei dieser Verbindung um einen zusätzlichen Link im Internet, eine neue Bekanntschaft im Freundeskreis oder eine weitere Verknüpfung zwischen zwei Nervenzellen im Gehirn handelt. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation, des Bernstein Center for Computational Neuroscience Göttingen und der Universität Göttingen.
Abb.: Der Wachstumsverlauf der betrachteten Netzwerke. Links: Zunächst schließen sich jeweils nur wenige Elemente zu vielen kleinen Netzwerken zusammen. Mitte: In der Übergangsphase sind mehrere mittelgroße Netzwerke entstanden. Rechts: Am Ende sind fast alle Elemente des Systems durch ein großes Netzwerk miteinander verbunden. (Bild: MPI für Dynamik und Selbstorganisation)
Aus Sicht der Wissenschaft sind solche Vergrößerungsprozesse noch recht unerforscht: Wie verändert sich ein Netzwerk, wenn einzelne Verbindungen dazukommen? Und wie schnell kann ein Netzwerk dadurch an Größe zulegen?
Um diese Fragen zu beantworten, haben die Göttinger Wissenschaftler das Wachstum von Netzwerken Verbindung für Verbindung verfolgt. Eine neue Verknüpfung kann dabei jedoch nicht nur ein einzelnes neues Element ins Spiel bringen, sondern auch das Ausgangsnetzwerk mit einem weiteren vereinen. Zudem konzentrierten sich die Forscher auf eine spezielle Form des Wachstums, die eine Art Konkurrenz zwischen möglichen Verbindungen ins Spiel bringt: Stehen mehrere neue Verbindungen zur Auswahl, kommt nur diejenige zustande, die insgesamt das kleinste Netzwerk erzeugt. „Es gibt Hinweise darauf, dass sich wachsende Netzwerke aus Nervenzellen bevorzugt zunächst zu kleinen Gruppen zusammenschließen und somit grob dem Wachstumsprozess folgen, den wir betrachtet haben“, sagt Jan Nagler, der an der Universität Göttingen und am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation forscht.
Wie schließen sich die zahlreichen kleinen Netzwerke zu einem zusammen? Entstehen mehrere große Netzwerke parallel oder entwickelt sich ein dominantes Netzwerk, das alle anderen überragt? Neben Computersimulationen gelang es den Göttinger Wissenschaftlern, Formeln herzuleiten, welche die Netzwerkentwicklung in dieser Übergangsphase Verbindung für Verbindung beschreiben. Die Forscher fanden, dass ab einer bestimmten Anzahl neuer Verbindungen ein plötzlicher Wachstumsschub auftritt: Die Größe des größten Netzwerkes im System nimmt dramatisch zu. „Auf diese Weise entstehen innerhalb eines Systems zunächst viele Netzwerke etwa derselben Größe“, so Timme. Erst spät entsteht so ein dominantes allumspannendes Netzwerk.
In einem nächsten Schritt wollen die Forscher nun identifizieren, welche Formen des Wettbewerbs zwischen möglichen Links in natürlichen Systemen aus Biologie und Physik ein solch schnelles Wachstum ermöglichen, und versuchen zu klären, welche Auswirkungen die Wachstumsschübe haben.
MPG / KK