10.08.2018

Wetterbilder für stabilere Stromnetze

Webcams sollen Kurzzeitprognosen für Solarkraftwerke verbessern.

Mit Schwankungen der Sonnen­energie umzugehen, ist eine der größten Heraus­forderungen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energie­versorgung. Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR arbeiten an einer Tech­nologie, die es ermöglichen soll, Energie­netze mit hohem Solaranteil stabiler und effizienter zu betreiben. Die Idee der Wissen­schaftler: Sind die Strahlungs­prognosen genauer, also wann wie viel Sonne an einem Ort scheint, können die Betreiber von Stromnetzen und Solar­anlagen früher reagieren. Kündigen sich beispiels­weise in den kommenden drei Minuten Wolken und damit Leistungs­abfälle an, könnten Reserve­aggregate und -kraftwerke automatisch hochfahren und auf mehrere Sekunden genau einspringen.

Abb.: DLR-Forscher beim Aufbau einer professionellen Wolkenkamera. Die Bilder sollen Erzeugungsprognosen von Solarkraftwerken verbessern helfen. (Bild: DLR)

Nicht immer genügen jedoch Wetter­satelliten für solche genauen Kürzest­frist-Prognosen. Die europäischen Satelliten der Meteosat Second Generation beispielsw­eise aktua­lisieren im Bestfall in fünf-Minuten-Intervallen. In ihrer höchsten Auflösung entspricht ein Pixel etwa einem Quadrat­kilometer. Auch bewerten Satelliten Wetter­situationen manchmal falsch: Schnee und Wolken beispiels­weise können aus dem Weltall nahezu gleich aussehen. An solchen Stellen möchte ein DLR-Forscherteam um Pascal Kuhn die Satelliten­daten mit zusätz­lichen Informationen flankieren. „Das Internet hält einen wahren Datenschatz für die Meteoro­logie bereit“, sagt Pascal Kuhn. „Die Menge der frei verfügbaren Kamera­bilder steigt rasant an. Meteoro­logie-Netzwerke oder touristisch geprägte Regionen filmen mancherorts fast flächen­deckend den Himmel und den Boden.“ Ein Algo­rithmus soll daraus relevante Daten ableiten und Fragen beantworten wie „Ist der Himmel bewölkt?“, „Liegt Schnee?“ oder „Bewegen sich die Wolken?“.

Verbesserte Strahlungs­prognosen helfen, Strom­produktion und -verbrauch dynamischer zu regeln. Fällt die Leistung ab, können Reserve­aggregate und Kraftwerke automatisch anlaufen und Ausfälle kompen­sieren. Werden Produktions­spitzen vorhergesagt, könnten Solar­produzenten ihre Produktion herunter­regeln oder flexible Verbraucher einspringen, wie Warmwasser­speicher, Kühlhäuser, ladende E-Autos oder Pumpspeicherkraftwerke. „Das Stromnetz würde dadurch intelli­genter werden. Teilweise könnte auch der Bedarf an teuren Strom­speichern wie Akkus sinken“, sagt Kuhn. „Da Vorher­sagen deutlich günstiger sind als Strom­speicher, sind Inno­vationen in diesem Feld besonders wichtig.“

Aus Testdaten­sätzen ermittelten die Forscher derzeit die rele­vanten Parameter, die aus den Kameras ausge­wertet werden sollen und unter­suchten Daten über einen längeren Zeitraum. Die Forscher haben bereits eine erste Heraus­forderung gelöst. „Bei öffent­lichen Kameras sind viele Parameter unbekannt, wie die Himmels­richtung, in die sie zeigen. Wir haben jedoch gezeigt, dass robuste Algo­rithmen dennoch die rele­vanten Wetterdaten ableiten können“, sagt Kuhn. In der Testphase arbeiten die Forscher mit Fotos der Plattform „foto-webcam.eu“. Darauf stellen Nutzer kostenlos hunderte Kamera­einstellungen vor allem aus dem Alpenraum ins Internet. Möglich wäre auch eine „Big-Data-Lösung“:. „Moderne Überwachungs­kameras werden immer intel­ligenter, wir möchten deshalb namhafte Hersteller von Überwachungs­kameras für Koopera­tionen zu gewinnen. Wenn meteoro­logische Daten vor Ort in der Kamera bestimmt werden, müssen nicht viele Bilder, sondern nur kompakte Meta-Daten übertragen werden“, so Kuhn.

Abb.: Kleine Stromnetze mit einem hohen Solarstromanteil – hier ein Solarthermiekraftwerk in Spanien – sollen besonders von den besseren Prognosen profitieren. (Bild: DLR, Ernsting)

Vor allem für kleine Strom­netze mit hohem Solar­anteil ist Kuhns Forschung wichtig. Diese Microgrids finden sich beispielsweise auf Inseln und in abge­schiedenen Regionen. Da dort Schwankungen der Solarstrom­produktion besonders stark ins Gewicht fallen, haben manche der Länder Rampen­beschränkungen eingeführt. Die Abgabe durch Solar­kraftwerke darf also nur um einen bestimmten Wert gegenüber der Vorminute schwanken. Auf Puerto Rico sind dies beispielsweise zehn Prozent. Wissen die Produ­zenten einige Minuten im Voraus von Wolken, können sie vorher ihre Abgabe drosseln oder Reserve­aggregate hochfahren und die Vorgaben besser einhalten.

DLR / JOL

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