Wie kühlt man die Erde?
Neueste Studie zu kontroversem Thema: Kann Schwefel in der Atmosphäre die Erderwärmung aufhalten?
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Neueste Studie zu kontroversem Thema: Kann Schwefel in der Atmosphäre die Erderwärmung aufhalten?
Heidelberg/Norwell - Aus Sicht des Nobelpreisträgers Paul Crutzen vom Max-Planck Institut für Chemie in Deutschland und Scripps Institution of Oceanography der University of California (San Diego) ist das Einbringen von Schwefel in die Atmosphäre zur Verlangsamung der globalen Erderwärmung eine ernsthafte Überlegung wert. Sein Fachartikel 1 , der zum Nachdenken anregen soll, wird in der August-Ausgabe der Springer-Fachzeitschrift Climatic Change veröffentlicht. Das Heft widmet sich mit der Ausgabe diesem umstrittenen Gebiet in der Geotechnik.
Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wird Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt und trägt damit in erheblichem Maß zur globalen Erwärmung der Erde bei. Dabei wird auch Schwefel in Form von Sulfatpartikeln in die Erdatmosphäre freigesetzt. Paradoxerweise helfen diese Sulfat-partikel bei der Kühlung der Erde, indem sie die Sonnenstrahlen zurück ins All reflektieren. Crutzens vorgeschlagenes Modell zur „Rettung unseres Planeten“ beruht auf diesem Phänomen: Schwefel wird künstlich in die Erdstratosphäre (die zweite der Erde am nächsten liegende atmosphärische Schicht) eingebracht, um die Erwärmung durch die Treibhausgase auszugleichen.
Sein “Albedo Verfahren” zielt darauf ab, einen Kühlungseffekt herbeizuführen, der durch diese anthropogenen Sulfatpartikel erreicht wird. Oder anders ausgedrückt, die von ihm vorgeschlagene Methode stärkt die reflektierenden Kräfte der Erde dadurch, dass ein nennenswerter Anteil der Sonnenstrahlen ins All zurück geworfen wird.
Dieses Phänomen lässt sich auch bei vulkanischen Eruptionen beobachten. Crutzen verwendete den Ausbruch des Mount Pinatubo im Jahr 1991 als Modell für seine Überlegungen. Durch den Vulkanausbruch wurde Schwefel in die Stratosphäre geschleudert. Dank der verstärkten Reflexion der Sonneneinstrahlung ins Weltall durch die Sulfatpartikel, verringerte sich die Temperatur auf der Erde um durchschnittlich 0,5°C im Jahr nach der Eruption.
In Crutzens Experiment würde die künstliche Erhöhung der Reflektivität der Erdekräfte dadurch erreicht, dass Ballons Schwefel in die Stratosphäre transportieren, wo er mit Hilfe von Kanonen freigesetzt wird. Im Gegensatz zu den sich langsam entwickelnden Auswirkungen der globalen Erwärmung aufgrund der anthropogenen Kohlendioxydemissionen, könnte das Albedo-Verfahren theoretisch innerhalb von sechs Monaten Wirkung zeigen. Die reflektierenden Partikel könnten bis zu zwei Jahre in der Stratosphäre verbleiben.
„Gerade in Anbetracht der eher enttäuschenden Reaktion der internationalen Politik auf die Treibhausgasemissionen sollte die Forschung bezüglich der Machbarkeit und der Umweltauswirkungen der in diesem Artikel vorgestellten Verfahren und Methoden zur gezielten Klima-beeinflussung nicht tabuisiert werden", sagt Crutzen. Weiter fügt er hinzu, dass sein Experiment nur als Notlösung gedacht sei: „Das Albedo-Verfahren sollte keine Rechtfertigung für eine unzulängliche Klimapolitik sein, sondern lediglich die Möglichkeit bieten, eine möglicherweise drastische klimatische Erwärmung zu bekämpfen.
Weitere Infos:
- 1Crutzen P (2006). Albedo enhancement by stratospheric sulphur injections: a contribution to resolve a policy dilemma? Climatic Change (DOI 10.1007/s10584-006-9101-y)