11.02.2020 • Energie

Wie Lithium-Batterien altern

Neutronen- und Röntgen-Tomographie zeigen dynamische Prozesse in den Stromspeichern.

Lithium-Batterien speichern elektrische Energie auf kleinstem Raum. Diese kompakte Gestalt wird in der Regel erreicht, indem Dünn­schichten, die im Innern der Batterien als Elektroden fungieren, eng umeinander gewickelt werden. Denn Elektroden müssen große Flächen besitzen, um hohe Kapazitäten und rasche Ladeprozesse zu ermöglichen. Ein inter­nationales Forscherteam um das Helmholtz-Zentrum Berlin und das University College London hat nun die Prozesse beim Speichern und Entladen an den Elektroden-Oberflächen erstmals mit einer Kombination aus zwei komple­mentären Tomo­graphie-Verfahren untersucht.

Abb.: Das Synchro­tron-Röntgen-Tomo­gramm zeigt starke Risse im Bereich der...
Abb.: Das Synchro­tron-Röntgen-Tomo­gramm zeigt starke Risse im Bereich der elek­trischen Kontak­tierung. (Bild: T. Arlt & I. Manke, HZB / R. Ziesche, UCL)

Mit Röntgen-Tomo­graphie an der European Synchrotron Radiation Facility ESRF in Grenoble konnten die Forscher die Mikro­struktur der Elektroden analysieren und nachweisen, welche Verformungen und Risse während der Ladezyklen entstehen. „Die Neutronen-Tomo­graphie ermöglichte dagegen, die Wanderung der Lithium-Ionen direkt zu beobachten und auch fest­zustellen, wie sich die Verteilung des Elektrolyten in der Batterie­zelle mit der Zeit verändert“, erklärt Ingo Manke, Tomo­graphie-Experte am HZB. Die Neutronen-Tomo­graphiedaten wurden überwiegend an der Neutronenquelle BER II gewonnen, wo mit dem Instrument Conrad eines der weltweit besten Instrumente zur Verfügung stand. Weitere Daten konnten an der Neutronen­quelle des Institut-Laue Langevin (ILL, Grenoble) gewonnen werden, wo mit Hilfe des HZB-Teams eine erste Neutronen-Imaging-Mess­station aufgebaut wurde. 

Mit einem neuen mathe­matischen Verfahren, das am Zuse-Institut in Berlin entwickelt wurde, konnten die Physiker die Batterie-Elektroden virtuell entrollen – denn die gerollten Schichten der Batterie sind nur schwer quantitativ zu untersuchen. Erst durch die mathe­matische Analyse und das Entrollen lassen sich daraus Rückschlüsse auf Prozesse an einzelnen Schichten ziehen. „Wir haben diesen Algorithmus hier erstmals auf einer typischen kommerziell erhält­lichen Lithium-Batterie angewendet und in mehreren Rückkopplungs­schritten gemeinsam mit den Informatikern des Zuse-Instituts weiter optimiert“, sagt Tobias Arlt. „Der Algo­rithmus war ursprünglich mal zum virtuellen Entrollen von Papyrus-Rollen gedacht“, erläutert Manke. „Aber er lässt sich eben auch einsetzen, um heraus­zufinden, was genau in kompakten Batterien abläuft.“

Mit diesem Verfahren konnten typische Probleme bei gerollten Batterien untersucht werden: Beispielsweise zeigten die inneren Windungen eine ganz andere elektro­chemische Aktivität und damit Lithium-Kapazität als die äußeren Windungen. Zudem verhielten sich auch die oberen und unteren Bereiche der Batterie jeweils sehr verschieden. Die Neutronen-Daten zeigten auch Bereiche, in denen es zu einem Elektrolyt-Mangel kam, was die Funktions­fähigkeit des jeweiligen Abschnitts stark einschränkte. Auch konnte gezeigt werden, dass die Anode nicht überall gleich gut mit Lithium be- und entladen wird. „Wir haben mit dem entwickelten Verfahren ein einzig­artiges Werkzeug, um in eine laufende Batterie hinein­zuschauen und zu analysieren, wo und warum es zu Leistungs­verlusten kommt. Daraus lassen sich spezi­fische Hinweise ableiten, um das Design von gerollten Batterien zu verbessern“, so Manke.

HZB / JOL

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