05.04.2016

Zellen mit Licht sortieren

Laser identifizieren unter­schied­liche Zellen und diri­gieren sie durch flui­dische Ver­zwei­gungen.

Im Blut zirkulierende Zellen und Bio­moleküle sind Träger diag­nos­tischer Infor­mation, deren Analyse einen Schlüssel für hoch­wirk­same, indi­vi­duelle Therapie­konzepte dar­stellt. Um diese Infor­mationen zu erschließen, haben Wissen­schaftler des Fraun­hofer-Instituts für Laser­technik einen Mikro­chip-basierten Sorter entwickelt. Mit Licht weist der „Ana­Lighter“ klinisch relevante Zellen in einer Blut­probe nach und isoliert sie schonend für weitere Unter­suchungen. Der neu­artige Sorter kann bis zu sech­zehn verschiedene Zell­typen nach­weisen und in separate Proben­gefäße auf­trennen. Dabei erfolgt die Sortierung in einem mikro­fluidischen Sortier-Chip, ohne dass Vita­lität und Teilungs­fähig­keit der Zellen beein­trächtigt werden.

Abb.: Sortier-Chip zur Analyse und Iso­lation von Zellen in einer Blut­probe. (Bild: V. Lannert, Fh.-ILT)

Zellen weisen charakteristische Proteine auf, die in der Zell­membran einge­lagert sind. Diese Proteine besitzen eine für sie typische Struktur, an die Marker­moleküle spezifisch anbinden können. Versieht man diese Marker­moleküle mit einem Fluores­zenz­farb­stoff, kann dieser durch Anregung mit Licht einer defi­nierten Wellen­länge sicht­bar gemacht werden. Der Ana­Lighter besitzt sech­zehn Laser­strahlen unter­schied­licher Wellen­längen, die in die wenige Mikro­meter breiten Kanäle des Sortier-Chips fokus­siert werden und dort die markierten Zellen zum Leuchten anregen. Ein Faser­netz­werk leitet das im Laser­fokus ent­stehende Fluores­zenz­licht auf ein optisches Detek­tions­­system weiter. Dort wird die Fluores­zenz­infor­mation analysiert und die von einem bestimmten Fluores­zenz­farb­stoff codierte Zelle identi­fiziert. Mit Hilfe von fokus­siertem infra­rotem Laser­licht lassen sich die Zellen dann gezielt durch ein Netz­werk von flui­dischen Verzwei­gungen diri­gieren und damit sortieren. Die zuvor gemessene Fluores­zenz­infor­mation gibt vor, wo eine Zelle ein­sortiert werden soll.

Der Sortiervorgang erfolgt durch einen opto-fluidischen Schalt­prozess. Dabei wird die Zelle an einer Verzweigung immer in den­jenigen Abzweig gelenkt, der zuvor mit IR-Licht beauf­schlagt wurde. Durch die Kombi­nation vieler solcher optisch schalt­barer Verzwei­gungen lassen sich komplexe Sortier­strukturen auf­bauen, die im Falle des Ana­­Lighter einen mikro­flui­dischen Kanal auf bis zu sech­zehn Kanäle auf­trennen. Diese Kanäle münden in je ein Sammel­gefäß und erlauben die simultane Sortierung von sech­zehn verschie­denen Zell­typen.

Abb.: Laserstrahlmatrix zum Nachweis diag­nostisch rele­vanter Zellen im Blut. (Bild: V. Lannert, Fh.-ILT)


Der AnaLighter eignet sich für den Einsatz in der Infektions­diagnostik zum Nach­weis und zur Isolation von Patho­genen im Blut. Insbesondere bei bakteriellen Erregern im Blut können die isolierten Pathogene weiter­kulti­viert und zum Wirk­sam­keits­test für Anti­biotika in vitro verwendet werden. Er benötigt für die Isolation der Erreger und die Ablage in einem miniatu­risierten Kultur­gefäß zwei Stunden. Weitere Vermehrungs­schritte sowie die Testung verschiedener Anti­biotika führen zu einer Gesamt­diagnose­dauer von rund neun Stunden. Danach liegt ein patienten­indivi­duelles Wirk­profil von Anti­biotika für die Therapie einer bakte­riellen Infektion im Blut vor. Im Vergleich zu her­kömm­lichen Resistenz­tests bei bakteri­ellen Infek­tionen spart die Diagnose mit Ana­Lighter bis zu vierzig Stunden. Dieser Zeit­gewinn ent­scheidet im Hinblick auf die Wahl der Therapie für teil- oder multi­resistente Kranken­haus­keime häufig über Leben und Tod.

Tumorzellen zirkulieren bereits in einem sehr frühen Stadium einer Krebs­erkrankung im Blut. Ihr Nach­weis kann zur Früh­diagnostik einer Krebs­erkrankung ver­wendet werden, noch bevor die Krank­heit Symptome hervor­ruft oder mit bild­gebenden Verfahren nach­weis­bar ist. Mit Ana­Lighter können zirku­lierende Tumor­zellen im Blut nachge­wiesen und zur weiteren klinischen Unter­suchung isoliert werden. Die isolierten Zellen stehen dann für eine wissens­basierte patienten­indivi­duelle Therapie­aus­wahl mit signi­fikant erhöhtem Therapie­erfolg zur Verfügung.


Die sechzehn verschiedenen Detektions­kanäle des Ana­Lighter können für den gleich­zeitigen Nach­weis verschie­dener Marker­moleküle im Blut verwendet werden. Eine solche Multi­plex­diagnostik erlaubt in einem einzigen Markierungs­schritt und bei nur einem Mess­durch­lauf den Nach­weis von sech­zehn verschie­denen Krank­heiten. Bei einer solchen Multi­plex­analyse können die Krank­heits­marker durch einen Cock­tail von Mikro­partikeln aus einer Blut­probe spezi­fisch gebunden und über die Partikel­fluores­zenz nachge­wiesen werden. In den jähr­lichen Routine­checks beim Haus­arzt könnten somit aus einer Blut­probe in einem einzigen Test eine Viel­zahl mög­licher Erkrankungen früh diagnos­tiziert werden, um damit Volks­krank­heiten wie Herz-Kreis­lauf-Erkran­kungen vorzu­beugen.

Fh.-ILT / RK

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