Zeppelin erforscht Meereswirbel
Einzigartige Messkampagne soll Einflüsse auf die Ozeanzirkulation und das Klima offenbaren.
Weltweit erstmalig wird ein Zeppelin für die Küsten- und Meeresforschung eingesetzt. Das Luftschiff startet e diese Woche unter der Flagge des Wissenschaftsjahres Meere und Ozeane vom Flughafen Berlin-Schönefeld aus zu der Expedition „Uhrwerk Ozean“ In den nächsten zwölf Tagen suchen Wissenschaftler unter der Leitung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG) im Gebiet zwischen Usedom und Bornholm nach Meereswirbeln, um diese zu vermessen. Die grundlegenden ozeanografischen Prozesse dieser kleinen Wirbel, die wie die Zahnräder eines großen Uhrwerks ineinander greifen, sind nahezu unerforscht. Es wird angenommen, dass sie einen großen Einfluss auf die Nahrungskette der Ozeane, die Algenblüte und das Klima haben.
Abb.: Die Zeppelin-Expedition soll die Einflüsse von Meereswirbeln auf die Ozeanzirkulation und das Klima im Detail offenlegen. (Bild: BMBF)
„Um die Meere zu verstehen, muss noch viel geforscht werden. Dafür brauchen wir hochtechnische Geräte. Der Einsatz eines Zeppelins zeigt, dass wir keinen Aufwand scheuen. Wir können mit Stolz sagen, dass Deutschland hier international eine Spitzenposition einnimmt", sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka im Vorfeld des Starts der Expedition auf dem Berliner Flughafen Schönefeld. „Die Expedition Uhrwerk Ozean wird unser Verständnis von klimatischen und ozeanografischen Zusammenhängen grundlegend verändern", erläuterte Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft. „Sie zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie wichtig es für uns alle ist, dass unsere besten Köpfe sich der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie etwa des Klimawandels, annehmen.“
Im Takt von Wind und Gezeiten transportieren die globalen Meeresströme, wie zum Beispiel der Golfstrom, riesige Wassermassen. Vergleichbar mit den Rädern eines sich ständig bewegenden Uhrwerks sind diese Meeresströme eng mit großen Wirbeln verzahnt. Den bisherigen Satellitenmessungen blieb verborgen, dass sich nahe der Wasseroberfläche noch weitere unzählige kleine Wirbel drehen. Während diese Wirbel das Wasser intensiv vermischen, bilden sich Turbulenzen. Dadurch haben diese vergleichsweise kleinen bislang kaum erforschten Zahnräder wahrscheinlich einen großen Einfluss auf die Ozeanzirkulation, die Nahrungskette der Ozeane, das Klima sowie das Wachstum von Algenblüten.
„Mit einem Durchmesser von etwa 100 Metern bis zu zehn Kilometern und einer Lebensdauer von wenigen Stunden bis zu einem Tag stellen diese kleinen Meereswirbel noch immer eines der großen Rätsel der Ozeanografie dar“, sagte Burkard Baschek, Leiter am Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht. Die Vermessung der Wirbel setzt eine besondere Messtechnik und Schnelligkeit voraus und gelang einem internationalen Team unter der Leitung von Baschek weltweit erstmalig im Jahr 2009.
Der nun in Friedrichshafen gestartete 75 Meter lange Zeppelin NT, ist mit Spezialkameras ausgerüstet und soll diese kleinen Meereswirbel in der Ostsee aufspüren. Mit dem Zeppelin können die Wissenschaftler anders als mit bis dato eingesetzten Forschungsflugzeugen direkt über den Wirbeln parken. Spezialkameras können Temperaturunterschiede an der Meeresoberfläche von etwa 0,03 Grad Celsius messen und das Farbspektrum des Meerwassers erfassen. Aus den gewonnen Daten wird bestimmt, wie sich der kalte Kern des Wirbels mit dem außen liegenden warmen Wasser vermischt und wie Mikroalgen darauf reagieren. „Mit dieser Messtechnik erzielen wir eine Auflösung, die um eine Million genauer ist als die von Satelliten“, verdeutlichte Baschek.
BMBF / JOL