24.04.2019

Zufall statt Zustandstomographie

Stochastischer Verschränkungstest für große Quantensysteme.

Quantenphänomene sind experimentell schwierig zu beherrschen, der Aufwand steigt mit der Größe des Systems dramatisch. Seit einigen Jahren sind Wissenschaftler in der Lage, kleine Quantensysteme gut zu kontrollieren und an ihnen Quanteneigenschaften zu erforschen. Solche Quantensimulationen gelten als vielversprechende frühe Anwendung von Quantentechnologien. Allerdings müssen dafür die als Quantensimulatoren eingesetzten Quantensysteme noch weiter wachsen. Die Verschränkung von vielen Teilchen ist nach wie vor ein messtechnisch schwer fassbares Phänomen. „Um einen Quantensimulator aus zehn oder mehr Teilchen in unserem Labor betreiben zu können, müssen wir die Zustände des Systems möglichst genau charakterisieren“, erläutert Christian Roos vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

 

Abb.: Das neue Verfahren basiert auf der wiederholten Messung von zufällig...
Abb.: Das neue Verfahren basiert auf der wiederholten Messung von zufällig gewählten Veränderungen von einzelnen Teilen eines Quantensystems. (Bild: IQOQI Innsbruck / M. R. Knabl)

Bisher wurde für die Beschreibung von Quantenzuständen die Quantenzustands-Tomographie verwendet, mit der der Zustand eines Systems vollständig beschrieben werden kann. Dieses Verfahren ist allerdings mit einem sehr hohen Mess- und Rechenaufwand verbunden und eignet sich nicht für Systeme mit über einem halben Dutzend Teilchen. Vor zwei Jahren präsentierten die Innsbrucker Forscher um Christian Roos gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland und Großbritannien eine messtechnisch sehr effiziente Methode für die Charakterisierung komplexer Quantenzustände. Allerdings können damit nur schwach verschränkte Zustände beschrieben werden. Dieses Problem umgeht nun eine neue Methode, die Theoretiker um Peter Zoller im Vorjahr vorgestellt haben und mit der sich beliebige Verschränkungszustände charakterisieren lassen. Dieses Verfahren haben sie nun gemeinsam mit Experimentalphysikern um Rainer Blatt und Christian Roos im Labor demonstriert.

„Das neue Verfahren basiert auf der wiederholten Messung von zufällig gewählten Veränderungen von einzelnen Teilen des Systems. Die statistische Auswertung der Messergebnisse macht dann Aussagen über das Maß der Verschränkung des Systems möglich“, erklärt Nachwuchsphysiker Andreas Elben aus dem Team von Peter Zoller. Demonstriert haben die Innsbrucker Physiker das Verfahren in einem Quantensimulator aus mehreren in einer Reihe aufgefädelten Ionen in einer Vakuumkammer. Ausgehend von einem einfachen Zustand lassen die Forscher die einzelnen Teilchen mit Hilfe von Laserpulsen wechselwirken und erzeugen so Verschränkung in dem System.

Mit einem umfangreichen Messprotokoll kann dann der Zustand beschrieben werden: „Wir führen an jedem Ion 500 lokale Transformationen durch und wiederholen die Messungen insgesamt 150-mal, um dann aus den Messergebnissen mit statistischen Methoden Aussagen über den Verschränkungszustand ermitteln zu können“, erklärt die PhD-Studentin Tiff Brydges vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation. In der nun veröffentlichten Arbeit charakterisieren die Innsbrucker Physiker die dynamische Entwicklung eines Systems aus zehn Ionen sowie eines aus zehn Ionen bestehenden Teilsystems einer zwanzig-teiligen Ionenkette. „Im Labor hilft uns dieses neue Verfahren sehr, weil wir so unseren Quantensimulator noch besser verstehen lernen und zum Beispiel die Reinheit der Verschränkung genauer beurteilen können“, sagt Christian Roos, der davon ausgeht, dass sich die neue Methode auf Quantensystemen mit bis zu mehreren Dutzend Teilchen erfolgreich anwenden lässt.

U. Innsbruck / DE

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