Zwei heiße Kandidaten
Neu entdeckte Supererden sind aussichtsreiche Himmelskörper zur Untersuchung mit dem James-Webb-Weltraumteleskop.
Unsere Sonne zählt im Umkreis von zehn Parsec (33 Lichtjahre) über 400 Sterne und eine stetig wachsende Zahl an Exoplaneten zu ihren direkten Nachbarn. Jetzt kommen zwei neue Super-Erden am Rand der solaren Nachbarschaft im viertnächsten Sternsystem hinzu. Sie wurden vor kurzem von einem internationalen Forschungsteam entdeckt, zu dem auch Karan Molaverdikhani aus der Arbeitsgruppe von Barbara Ercolano zählt. Leben ist zwar auf diesen beiden Exoplaneten eher unwahrscheinlich, sie gehören allerdings zu aussichtsreichen Kandidaten für die Beobachtungsliste des James-Webb-Weltraumteleskops – dieses soll die Atmosphären der beiden Super-Erden spektroskopisch untersuchen.
Mit Hilfe des Planetenjägers der NASA, dem „Transiting Exoplanet Survey Satellite“ (TESS), entdeckten die Wissenschaftler die zwei Geschwisterplaneten HD 260655 b und HD 260655 c, die einen nur 33 Lichtjahre entfernten, hellen, roten Zwergstern umkreisen. TESS findet Exoplaneten, indem es nach Transits Ausschau hält. Dieser winzige Abfall des Sternenlichts, wenn ein Planet vor seinem Stern vorbeizieht, gibt Aufschluss über den Durchmesser des Planeten. Die Forscher nutzten auch Daten von bodengestützten Spektrographen, wie Carmene am 3,5-Meter-Teleskop auf dem Calar Alto in Spanien, um die Existenz der beiden neuen Planeten zu bestätigen. Die Teleskope messen das Taumeln eines Sterns, welches durch die Gravitationskräfte der ihn umkreisenden Planeten verursacht wird, und aus dem sich die Masse der Planeten errechnen lässt.
Aus der Kombination der Messungen konnten die Forscher die Dichte der beiden Planeten bestimmen und bestätigten somit, dass es sich um felsige Welten handelt, die nicht nur geringfügig größer und massereicher als die Erde sind. Planet b ist etwa 1,2-mal und Planet c 1,5-mal so groß wie die Erde. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass die beiden Welten Leben beherbergen, da sie beide viel zu heiß sind. Die Temperatur auf Planet b, der dem Wirtsstern am nächsten ist, wird auf 435 Grad Celsius geschätzt. Und selbst auf Planet c erreicht die Temperaturskala etwa 284 Grad Celsius. Die Messungen deuten dabei darauf hin, dass die Planeten keine ausgedehnten Wasserstoffatmosphären besitzen.
„Die von uns neu entdeckten Planeten sind aufgrund der relativ hohen scheinbaren Helligkeit des Wirtssterns hervorragende Ziele für weitere atmosphärische Studien“, erläutert Karan Molaverdikhani von der Universitätssternwarte der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Mit 33 Lichtjahren sind die Planeten uns relativ nah. Ihr Stern ist zwar kleiner als unsere Sonne, aber einer der hellsten seiner Klasse“, führt Molaverdikhani weiter aus.
Diese und andere Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass das James-Webb-Weltraumteleskop und vielleicht sogar das Hubble-Weltraumteleskop Licht des Sterns einfangen können, welches durch die Atmosphären dieser Planeten scheint. Spektroskopische Untersuchungen werden es dem Wissenschaftsteam ermöglichen, Rückschlüsse auf die Zusammensetzung und Struktur ihrer Atmosphären zu ziehen und Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie das Klima auf terrestrischen Planeten im Allgemeinen funktioniert, einschließlich unserer Erde.
Exzellenzcluster Origins / DE
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
R. Luque et al: The HD 260655 system: Two rocky worlds transiting a bright M dwarf at 10 pc, Astron. Astrophys. (angenommen); Preprint: arXiv:2204.10261 [astro-ph.EP] - TESS Exoplanet Mission, NASA