17.07.2018

Zwei Magnetwirbel auf einmal

Koexistierende Skyrmionenphasen in einem Material nachgewiesen.

In magnetischen Wirbeln ordnen sich die magnetischen Momente kreisförmig an. Diese Skyrmionen sind nicht nur für die Grundlagen­forschung sehr interessant – aufgrund ihrer Stabilität und geringen Größe könnten sie auch für die Entwicklung zukünftiger Magnet­speicher eine Rolle spielen. Die Frage, wann und wo sie auftreten, ist von besonderem Interesse. Ein Forscherteam der TU München, der Universität zu Köln und der TU Dresden konnte nun erstmals zeigen, dass magnetische Skyrmionen aufgrund unter­schiedlicher Mechanismen mehrfach im gleichen Material auftreten können. Die Forscher berichten von deren Existenz in dem chiralen Magneten Cu2OSeO3 in der Nähe des absoluten Nullpunkts. Dazu muss jedoch ein Magnet­feld in einer bestimmten Raum­richtung anliegen.

Abb.: Die neue magnetische Phase wurde am SANS-1 der Forschungs-Neutronenquelle Heinz-Maier-Leibnitz (FRM II) entdeckt und charakterisiert. (Bild: W. Schürmann / TUM)

„Skyrmionen finden sich normalerweise nur in einem einzelnen Bereich von Parametern, also in einem bestimmten Temperatur­bereich oder einem Bereich magnetischer oder elektrischer Feld­stärke. So ist das zumindest für alle Materialien, in denen diese bislang beobachtet wurden,“ erläutert Christian Pfleiderer vom Physik-Department der TU München, Leiter des Forschungs­projekts.

„Das bedeutet natürlich eine Einschränkung für die Herstellung und technische Nutzung von Skyrmionen, da sie nur stabil sind, wenn man die exakten physikalischen Parameter, zum Beispiel Druck, Spannung oder Feld, zunächst findet und dann einhält. Jetzt haben wir in ein und demselben Material zwei unterschiedliche Skyrmionen­phasen entdeckt, die zwei getrennte Parameter­bereiche aufweisen. Der neue Mechanismus galt als sehr schwach. Jetzt zeigt sich, dass es wesentlich mehr Möglichkeiten gibt, Skyrmionen zu erzeugen und kontrollieren als wir bisher dachten."

Alfonso Chacon entdeckte die neue Phase, als er an der Forschungs-Neutronen­quelle der TU München die meta­stabilen Eigenschaften einer bereits bekannten Skyrmionen­phase untersuchte und erklärt: „Dieses meta­stabile Verhalten interessiert uns, weil wir daraus die Ursachen und Stärke der Stabilität der magnetischen Wirbel bestimmen können. Dies erlaubt zu verstehen, wie diese erzeugt oder gelöscht werden können. Bei diesen Messungen ist uns die neue Phase dann aufgefallen."

Abb.: Ein Gitter von Skyrmionen existiert auch bei tiefen Temperaturen im chiralen Magneten. (Bild: M. Garst / TU Dresden)

„Bei tiefen Temperaturen spielt die Quantenphysik eine immer größere Rolle“, erläutert Markus Garst vom Institut für theoretische Physik der TU Dresden. „Diese beeinflusst auch die physikalischen Eigenschaften der magnetischen Skyrmionen. Unsere Forschungs­ergebnisse erlauben es uns, Quanten­wirbel in Magneten gezielt zu untersuchen.“

„Wir forschen schon seit gut einem Jahrzehnt zu Skyrmionen, am aktuellen Projekt seit etwa andert­halb Jahren, und haben eine tolle und erfolg­reiche Zusammen­arbeit zwischen den beteiligten Gruppen,“ erklärt Garst. „Die Münchner Kollegen machten ihre Beobachtungen mit Hilfe von Neutronen­streuung, die es erlaubt, magnetische Strukturen sichtbar zu machen. Wir haben dann in Zusammen­arbeit mit Lukas Heinen und Achim Rosch aus Köln die experimentellen Ergebnisse theoretisch erklären können.“ Diese enge Kooperation zwischen Experiment und Theorie machte die wissen­schaftliche Entdeckung erst möglich.

Die Entdeckung und Untersuchung dieser magnetischen Phasen gelang an der Klein­winkel­neutronen­streu­anlage SANS-1 des Heinz-Maier-Leibnitz-Zentrums an der Forschungs-Neutronen­quelle Heinz-Maier-Leibnitz (FRM II) der TU München.

TU Dresden / DE

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