Zweifach schaltbares Polymer
Polymer verändert Eigenschaften über zwei verschiedene äußere Reize unter realen Bedingungen.
Polymer verändert Eigenschaften über zwei verschiedene äußere Reize unter realen Bedingungen.
Klassische Polymere haben aufgrund der kovalenten Bindungen, die die Moleküle zusammenhalten, feste, nicht veränderbare Eigenschaften. Weniger fest sind dagegen nicht-kovalente Bindungen, die sich auch durch äußere Reize beeinflussen lassen. Ein Forscherteam um Carsten Schmuck von der Universität Duisburg-Essen nutzte solche von außen beeinflussbaren Bindungen, um ein lineares Polymer aufzubauen, das sich über den pH-Wert der Umgebung sowie die An- oder Abwesenheit von Metallionen zweifach „schalten“ lässt. Die Materialeigenschaften sind dabei unter realen Bedingungen, wie z. B. bei Raumtemperatur und in Wasser gelöst, gezielt steuerbar. Die Änderungen sind reversibel und beliebig oft wiederholbar.
Das von den Forschern konstruierte Molekül ist ein Hybrid aus einem Zwitterion (zwei funktionellen Gruppen, von denen eine positiv und eine negativ geladen ist) und einem Terpyridin-Liganden (C15H11N3) für die Metallbindung. In pH-neutraler Umgebung binden die selbstkomplementären Zwitterionen aneinander, sodass stabile Dimere entstehen. Fügt man dem System nun Metallionen hinzu, so entstehen aufgrund der Metall-Ligand-Komplexierung durch den zweiten Molekülteil, das Terpyridin, kettenförmige Polymere. Diese lagern sich anschließend weiter zu globulären, d.h. kugelförmigen Aggregaten zusammen.
Abb.: Die Monomere (1) bilden in einer polaren Lösung supramolekulare Polymere. Nach der Selbstorganisation der Monomere über zwei orthogonale Bindungen bilden sich lineare Polymere von bis zu 100nm Länge. Die linearen Polymere lagern sich zu globulären Aggregaten mit dicht gepacktem Kern und loser Schale an. Die Bindungen können jeweils geschaltet werden. (Bild: CeNIDE)
Das Molekül könnte in der Medizin Anwendung finden und zwei bei der „target controlled drug delivery“. Die Idee dabei ist, innerhalb eines für den Menschen gut verträglichen Polymeraggregats ein Medikament – zum Beispiel gegen bestimmte Tumorzellen – zu deponieren und es einem Patienten zu verabreichen. Da ein Tumor poröse Blutgefäße hat und er saurer ist als das ihn umgebende gesunde Gewebe, würde das Aggregat, wenn es durch eine Öffnung in der Gefäßwand in den Tumor glangt, durch den niedrigen pH-Wert in dessen Inneren zerfallen. Dadurch würde das Medikament freigesetzt und nur im Tumor wirken.
Die Forscher wollen nun zum einen das bisherige Konstrukt weiterentwickeln. Noch bilden die Polymerketten ungeordnete Bündel. Zukünftig wollen sie erreichen, dass sich die Polymerketten in geordneten, dreidimensionalen Netzstrukturen anzuordnen. Zum anderen streben sie die Konstruktion dreifach schaltbarer Polymere an.
Uni Duisburg-Essen / MH