Die Physik sozio-ökonomischer Systeme behandelt gesellschaftliche und wirtschaftliche Phänomene mit physikalischen Methoden. (Vgl. S. 33, Bilder: dpa (3), DaimlerChrysler)
Physik Journal 5 / 2003
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
USA
Neues Leben für alten Beschleuniger Hubble-Nachfolger soll Federn lassen Gute und schlechte Kernwaffen Gravity Probe B in Gefahr Homestake oder Soudan? Weniger Postdocs
Großbritannien
· Wissenschaft ins Parlament· Energie-Forschung mit vereinten Kräften· Pläne für die Teilchen- und Astrophysik
High-Tech
Im Brennpunkt
Forum
Leserbriefe
Fachsystematik und Alltagskontexte sind komplementär
Zu: Buchrezension ''How Things Work - The Physics of Everyday Life'' von Louis Bloomfield, März 2003, S. 76
Schwerpunkt
Menschen, Märkte und Modelle
''Physik sozio-ökonomischer Systeme'' - ein neues Forschungsgebiet, das noch mit viel Skepsis bedacht wird. Kann die Physik ihre Kompetenz im Bereich der unbelebten Natur so ohne weiteres auf gesellschaftliche oder ökonomische Fragestellungen ausdehnen? Oder ist dies nur der erneute Versuch, einen Physikalismus zu rehabilitieren, der seine Grenzen bereits in der Wissenschaftsdiskussion des 20. Jahrhunderts erfahren hat?
Verkehrsdynamik und urbane Systeme
Betrachtet man den Fahrzeugstrom auf den Straßen aus dem Blickwinkel der Physik, zeigt sich ein Vielteilchensystem, das überraschende Zustände einnehmen kann. Der Versuch, mit physikalischen Methoden die Entstehung und Auflösung von Staus zu erklären, ist ein entscheidender Schritt, um auch die Dynamik des Gesamtsystems aus Verkehr und Infrastruktur zu verstehen. Neben der Verkehrsprognose könnten so auch die Städteentwicklung und Planung großräumiger Verkehrswege von den Erkenntnissen der ''Verkehrsphysik'' profitieren.
Mut zum Risiko: Physik auf dem Börsenparkett
Finanzphysik, Ökonophysik - ist das ein Aufbaustudiengang für arbeitslose Physiker? Was hat eine exakte Naturwissenschaft mit den Phänomenen der Wirtschaft zu schaffen? Aktienkurse vorhersagen gelingt zwar auch einem ''Ökonophysiker'' nicht, aber mit mikroskopischen Modellen lassen sich viele Eigenschaften der realen Börsendaten reproduzieren.
Physik für Betrieb und Konjunktur
Physikalische Konzepte und Methoden erfreuen sich in den Wirtschaftswissenschaften seit langem einer großen Beliebtheit. Immer wieder diente die Physik als Vorbild für die Entwicklung neuer Theorien in der Ökonomik. In den letzten 10 bis 15 Jahren ist jedoch eine zunehmende Tendenz zu interdisziplinärer Forschung zu erkennen. Dabei werden nicht nur Konzepte aus der Physik oder anderen Wissenschaften in der Ökonomik für die eigene Theoriebildung benutzt, sondern zunehmend arbeiten auch Physiker mit ihren Methoden an wirtschaftswissenschaftlichen Fragestellungen.
Meinungsbildung, Kommunikation und Kooperation aus physikalischer Perspektive
Die individuellen und kollektiven Formen des menschliches Verhaltens sind komplex genug, um neben den Geistes- und Sozialwissenschaften auch die Naturwissenschaften zu Erklärungs- und Modellierungsversuchen herauszufordern. So wird in der Soziobiologie die These vertreten, Sozialverhalten auf biologische und erbliche Ursachen zurückzuführen. Die kontroversen Diskussionen über diese Art des Reduktionismus sind noch nicht beendet, da etabliert sich bereits ein weiterer naturwissenschaftlicher Ansatz, die Soziophysik. Hier geht es um ein Verständnis der kollektiven Dynamik sozialer Akteure unter Zuhilfenahme von Methoden der statistischen Physik.