Beim Verdampfen durchläuft ein Ouzotropfen verschiedene Stadien und verändert mehrfach seine Form. (Bild: Huanshu Tan, Twente, vgl. S. 29)
Physik Journal 2 / 2017
Meinung
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
High-Tech
Im Brennpunkt
Die Vermessung der Antiwelt
Die erstmalige Laseranregung von Antiwasserstoff bestätigt mit hoher Präzision, dass sich Wasserstoff und Antiwasserstoff gleich verhalten.
Ein Netzwerk aus Diamanten
Silizium-Fehlstellen-Farbzentren in Diamant-Mikrostrukturen ermöglichen integrierte Quantennetzwerke.
Supraleitung auf Diät
Der Nachweis von Supraleitung in Wismut stellt die Theorie vor neue Herausforderungen.
Forum
Im Rauschen lauschen
Die beiden Gravitationswellendetektoren Advanced LIGO sind bereits wieder in Betrieb. Nun kommt in Italien Advanced VIRGO dazu.
Wenige Kilometer von Pisa entfernt verlasse ich die Autobahn bei der Kleinstadt Cascina. Die Gegend wird landwirtschaftlich genutzt, ein Bauer fährt mit einem Traktor über ein trockenes Feld. In der Ferne scheint eine Pipeline die Felder zu queren. Aus der Nähe entpuppt sich die vermeintliche Leitung als niedriges langes Bauwerk mit weißen Seitenwänden und blauem Wellblechdach. Ich nähere mich dem Gravitationswellendetektor VIRGO. Unter den Blechdächern verbergen sich zwei jeweils drei Kilometer lange Arme eines Laserinterferometers, das vor allem Physiker aus Italien und Frankreich gebaut haben.
Am Schnittpunkt der beiden L-förmig angeordneten Arme und neben der nach Charles Fabry und Alfred Pérot benannten Piazza steht ein mehrstöckiges Gebäude. Darin befinden sich der Laser, zwei Endspiegel der Interferometerarme und zahlreiche weitere Komponenten. Nach einer Schleuse, in der ich in Überschuhe schlüpfe, betrete ich das Innere und erklimme eine Plattform. Von hier schaue ich auf mehrere eingerüstete „Stahltonnen“, zehn Meter hoch und mit zwei Meter Durchmesser. In jeweils einer Tonne hängen – mechanisch durch „Superdämpfer“ von seismischer Aktivität oder Vibrationen durch Traktoren etc. entkoppelt – der Strahlteiler, zwei der über 40 Kilo schweren Endspiegel aus speziellem Quarzglas und Hilfsspiegel. Davon ist aber nichts zu sehen, denn die Stahlgefäße sind ebenso geschlossen und evakuiert wie die 1,2 Meter dicken Stahlrohre, die sich draußen fortsetzen. Seit 2011 wurde VIRGO zu Advanced VIRGO (AdV) umgebaut, um die Nachweisempfindlichkeit zu erhöhen. Derzeit befindet sich der Detektor in der Inbetriebnahme. Ab März 2017 soll er Daten aufzeichnen – gleichzeitig mit Advanced LIGO (aLIGO) in Hanford bzw. Livingston (USA).
Ursprünglich hätte Advanced VIRGO Ende 2015 in Betrieb gehen sollen. Unerwartete technische Schwierigkeiten haben dies jedoch verhindert. Selbst bei einem pünktlichen Start wäre AdV die erste direkt nachgewiesene Gravitationswelle – das Signal GW150914 – aber durch die Lappen gegangen.1) Um ein Haar wäre es aLIGO an jenem 14. September 2015 genauso ergangen: „Das war der erste Tag, an dem nach fünf Jahren Umbau erstmals beide Detektoren gleichzeitig mit vernünftiger Empfindlichkeit und stabil liefen“, erinnert sich Karsten Danzmann vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover. An einem „wunderschönen Montagvormittag“, wenige Minuten vor 12 Uhr, ging der Postdoc Marco Drago in Hannover als erster Wissenschaftler einem computergenerierten Hinweis auf ein möglicherweise interessantes Signal nach und erblickte GW150914 auf dem Bildschirm. Danzmann kam kurze Zeit später hinzu und staunte: „Das war einfach zu schön, ein Signal wie aus dem Lehrbuch“. Oder doch nur aus der Retorte? Um die Datenauswertung zu überprüfen, wurden nämlich regelmäßig Testsignale in den Detektor eingespeist. Ein Anruf in den LIGO-Kontrollräumen machte aber klar, dass ein Testsignal nicht infrage kam – dort war es 3 bzw. 5 Uhr morgens, und kein Wissenschaftler war vor Ort...
Überblick
Beständige Bläschen
Erkenntnisse über die Stabilität von Nanoblasen und -tropfen lassen sich vielfältig anwenden.
Eigentlich sollten Nanobläschen im Nu verschwinden, und doch ließen sich mittels Rasterkraftmikroskopie stabile Oberflächen-Nanobläschen identifizieren. Wie können sie bestehen? Der Schlüssel zum Verständnis liegt im sog. „Pinning“ der Kontaktlinie. Die Erkenntnisse von Nanobläschen lassen sich analog auf Nanotröpfchen übertragen – beide besitzen hohe technologische Relevanz.
Der Effekt ist aus dem Alltag bekannt: Bleibt ein Wasserglas, das mit kaltem Leitungswasser gefüllt ist, eine Weile in einem warmen Zimmer stehen, bilden sich kleine Luftbläschen an der Glasinnenseite (Abb. 1). Der Grund dafür liegt darin, dass in Deutschland Leitungswasser mit Luft übersättigt ist und sich Gase in kaltem Wasser viel besser lösen als in warmem Wasser. Wärmt sich das Leitungswasser im Glas bei Zimmertemperatur langsam auf, reduziert sich die Gaslöslichkeit, sodass Bläschen am Glasrand nukleieren. Je nach Glasgröße halten sich diese etwa vier Tage –, wenn man das gefüllte Glas vor Partner und Geschirrspüler retten kann...
Vor rund 15 Jahren gelang es erstmals mit Hilfe der Rasterkraftmikroskopie (Atomic Force Microscopy, AFM), auch nanometerkleine Oberflächenblasen wahrzunehmen, und zwar insbesondere an hydrophoben Oberflächen in Wasser (Abb. 2) [1]. Die Bläschen erwiesen sich als überraschend langlebig. Eigentlich sollten sie sich im Nu auflösen, da der Laplace-Druck pLaplace = 2σ / R für winzige Blasen divergiert. Hierbei sind R der Blasenradius und σ die Oberflächenspannung. Für eine Luftblase mit einem Radius von 10 nm liegt die Lebenserwartung im Mikrosekundenbereich (Infokasten). Noch kleinere Blasen sollten sich noch schneller auflösen. Doch tun sie das nicht!
Der Quelle auf der Spur
Der direkte experimentelle Nachweis und die Analyse von Gravitationswellen sind möglich, wenn es gelingt, sie analytisch zu modellieren.
Wenn Gravitationswellen direkt gemessen werden sollen, spielen Abstandsmessungen von einem Tausendstel des Protonendurchmessers und sogar darunter eine Rolle. Ein effizienter Algorithmus, der die erwarteten Gravitationswellensignale vom Untergrund der Detektoren trennt, ist für den Nachweis der Wellen unverzichtbar. Die analytische Modellierung von Gravitationswellen hilft dabei, die Parameter des Quellsystems der Welle zu bestimmen.
Fast genau hundert Jahre nach Einsteins epochaler Theorie der Gravitation und seinen Rechnungen zu Gravitationswellen [1] gelang am 14. September 2015 der erste direkte Nachweis einer Gravitationswelle [2]. Ohne Zweifel ist es damit nun möglich, die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) in vollem Umfang physikalisch zu nutzen. Dazu gehört es, Schwarze Löcher detailliert zu erforschen. Diese Objekte sind eine spektakuläre Vorhersage der ART und gleichzeitig die Quelle der bisher beobachteten Gravitationswellen. Diese wurden – analog zu anderen astronomischen Ereignissen wie Supernova-Explosionen – nach dem Datum ihrer Entdeckung GW150914 [3] und GW151226 [4] benannt. Um die winzigen Signale aufzufinden, waren analytische Modelle ausschlaggebend, welche die möglichen Gravitationswellen mathematisch beschreiben. Die Modellierung im Fall zweier verschmelzender Schwarzer Löcher wird im Folgenden erklärt.
Die Newtonsche Theorie beschreibt physikalische Vorgänge in Gravitationsfeldern mit bemerkenswerter Genauigkeit. Erst in ,,exotischen“ Bereichen, beispielsweise bei sehr großen Feldstärken, finden sich Abweichungen von dieser Beschreibung. Als Ausgangspunkt für die explizite analytische Lösung der Feldgleichungen der ART liegt es nahe, die Newtonschen Gleichungen zu verwenden [5]. Denn die Feldgleichungen der ART verallgemeinern die Newtonschen Potential- und Bewegungsgleichungen und gehen im Grenzfall einer unendlich großen Lichtgeschwindigkeit (c → ∞) in diese über...
Physik im Alltag
Menschen
Bücher/Software
DPG
Physics School: Advanced Microscopy – Physical Concepts and Impacts in Life Sciences
Gegen den Hype
Welche Rolle spielt die Physik in der Medizin? Diese Frage stand im Zentrum der 41. Arbeitstagung des Arbeitskreises Industrie und Wirtschaft.