Alexander Streltsov, Hermann Kampermann und Dagmar Bruß • 7/2019 • Seite 35Schrödingers Katzenfutter
Wie sich quantenmechanische Eigenschaften als Ressource beschreiben lassen
Quantenmechanische Effekte, die lange rätselhaft oder paradox erschienen, finden mittlerweile Anwendung in Quanteninformationsprotokollen und Quantentechnologien. Fundamentale Eigenschaften wie Kohärenz oder Verschränkung lassen sich als Ressource verstehen. So genannte Ressourcentheorien sollen mit einer einheitlichen Sichtweise helfen, die quantenmechanischen Ressourcen zu quantifizieren und ihre Erzeugung oder Umwandlung zu beschreiben.
Seit der Entstehung der Quantenmechanik bieten ihre Eigenschaften Anlass für kontroverse Diskussionen, insbesondere im Zusammenhang mit der Verschränkung (EPR-Paradoxon, „spukhafte Fernwirkung). Die Sicht auf solche Phänomene hat sich spätestens mit der Entwicklung von Quanteninformationsprotokollen in den 1990er-Jahren geändert: Verschränkung gilt nun als Ressource, mit der sich beispielsweise Quantenteleportation durchführen und Kommunikation sicher verschlüsseln lässt bzw. die Algorithmen ermöglicht, die schneller als jeder bekannte klassische Algorithmus sind. Auch die Reinheit oder Kohärenz von Quantenzuständen spielt hier eine wichtige Rolle.
Welches Protokoll welche Ressource benötigt, ist individuell zu klären. In diesem Zusammenhang stellen sich übergreifende Fragen: Wie beschreibt man eine Ressource quantitativ? Wie verändert sie sich unter relevanten Transformationen des Quantensystems? Welche Relationen gibt es zwischen verschiedenen Ressourcen, die im selben Quantenzustand vorliegen? Diese abstrakt klingenden Fragen wirken sich direkt auf die experimentelle Umsetzung aus: Quantentechnologien bringen nur dann einen Vorteil gegenüber klassischen Technologien, wenn gewisse Schwellenwerte der Ressourcen erreicht werden, die sich wiederum in konkrete Performance-Anforderungen an Bauelemente von Quantenschaltkreisen und -netzwerken übersetzen lassen...
weiterlesen Robert Klanner • 7/2019 • Seite 43Empfindlich und robust
Halbleiter-Photovervielfacher sind auf dem Vormarsch zu neuen Anwendungen.
Die Messung einzelner Photonen mit einer Zeitauflösung von einer Nanosekunde und genauer findet zahlreiche Anwendungen in Forschung, Medizin und Wirtschaft. Beispiele sind Kalorimeter in Hochenergiephysik-Experimenten, Kameras für Cherenkov-Teleskope zur Untersuchung kosmischer Röntgenquellen, die Positronen-Emissions-Tomographie, LIDAR für Umweltanalysen oder die Quantenkommunikation. Bisher wurden hierfür meist klassische Vakuum-Photovervielfacher eingesetzt. Seit etwa zehn Jahren werden sie immer mehr durch Photovervielfacher auf Halbleiterbasis, insbesondere Silizium, ersetzt. Solche Photovervielfacher mit integrierter CMOS-Elektronik eröffnen gänzlich neue Anwendungsmöglichkeiten.
Das menschliche Auge, einschließlich der Informationsverarbeitung im Gehirn, ist ein nahezu perfekter Photodetektor, der in mehrfacher Hinsicht nahe an den physikalisch möglichen Grenzen arbeitet. Eine große Herausforderung ist es, Photodetektoren zu entwickeln, die auch nur annähernd die Eigenschaften des Auges erreichen und Photonen ähnlich sensitiv registrieren können. Die in diesem Artikel beschriebenen Detektoren stellen einen großen Fortschritt auf diesem Forschungsgebiet dar.
Bis vor etwa 20 Jahren kamen für die Messung einzelner Photonen fast ausschließlich klassische Vakuum-Photovervielfacher (PMT) zum Einsatz. Diese bestehen aus einem evakuierten Glaskolben, in dem Metall-Dynoden eingebaut sind, die mit einem photoempfindlichen Material mit geringer Austrittsarbeit für Elektronen bedampft sind. Photonen treffen durch das Eintrittsfenster auf die Photokathode. In dieser lichtempfindlichen Schicht lösen sie Elektronen aus, die in einem hohen elektrischen Feld beschleunigt und auf die erste Dynode geschossen werden. Dort löst jedes Elektron weitere Elektronen aus, die anschließend in weiteren Dynoden vervielfacht werden. Dies ermöglicht Verstärkungsfaktoren von 106 und mehr bei einer Nachweiswahrscheinlichkeit für Photonen von bis zu etwa 30 Prozent und einer Zeitauflösung von etwa einer Nanosekunde...
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