20.05.2008

Biophysik

Cotterill, R.

Biophysik ist ein (noch) junges Wissenschaftsgebiet an der Schnittstelle zwischen Physik, Chemie, Biologie und Medi-zin. Wie jemand das Fach definiert, hängt stark von der Forschungsrichtung des Betreffenden ab. Dementsprechend sind auch Lehrbücher heterogen und setzen unterschiedliche Schwerpunkte: Molekulare Biophysik, Membranbiophy-sik, Zelluläre Biophysik, Biomechanik oder Neuro-biophysik sind nur Beispiele.
Cotterills Lehrbuch setzt diesen Schwerpunkt über weite Bereiche bei der Molekularen Biophysik. Dieser Teil ist sehr gut strukturiert und beginnt mit physikalischen Konzepten zur Beschreibung von chemischen Bindungen, Wechsel-wirkungen und Potentialen. Darauf folgen Kapitel über chemische Reaktion, Kinetik und Transportvorgän-ge. Für Physikfachbereiche, an denen in Vorlesungen kaum jemals größere Gebilde als das Wasserstoff-Molekül-Ion behandelt werden, ist dies der richtige Einstieg.
Biophysik ist häufig methodenorientiert. Ein Kapitel über Methoden zur Strukturbestimmung, optische Pinzetten, elektrophysiologische Methoden und einige Grundkonzepte der Moleküldynamik stellt hier nur eine (willkürliche) Aus-wahl dar. Kapitel über moderne spektroskopische Techniken fehlen vollständig.
Nach diesem physikalisch-chemischen und dem methodischen Einstieg stellt Cotterill Systeme vor: DNA, RNA, Lipi-de, Proteine, Membranen. Diese Kapitel sind didaktisch gut gelungen und spannen den Bogen von kleinen Molekülen bis zu nanoskaligen Systemen der Biophysik. Weitere Kapitel beschreiben biophysikalische Prinzipien der biologischen Energiewandlung anhand von Beispielen aus der Atmungskette, der Photosynthese und der mechanischen Arbeit bei Geißelbewegungen bzw. dem Muskel. Diese Kapitel enthalten zahlreiche aktuelle Ergebnisse biophysikalischer For-schungsarbeiten.
Warum Cotterill nach zwei Kapiteln über erregbare Membranen und Nervensignale den kompletten Schwenk von der molekularen Biophysik zu Themen wie neuronale Biophysik, Gedächtnis und Bewegungssteuerung vornimmt, bleibt mir unerschlossen. Ich hätte es vorgezogen, wenn die Kapitel über Techniken und Methoden sowie über biolo-gische Energiewandlung etwas mehr Tiefe erhalten hätten.
Trotzdem: eine schöne Einführung in die Biophysik, die sich aufgrund des Stils leicht und zügig lesen lässt und Neu-gierde auf dieses Fach weckt. Ich würde es vor allem Studierenden empfehlen, die sich – innerhalb eines Bachelor-Studiums in Physik, Chemie oder Biologie – für Biophysik als Wahlfach interessieren, und werde es in den Katalog der von uns empfohlenen Lehrbücher aufnehmen. Als alleiniges Lehrbuch für eine Schwerpunktbildung in Biophysik genügt es nicht und muss durch Literatur über biophysikalische Techniken, Elektrophysiologe, Neurobiophysik und Strahlenbio-physik ergänzt werden.

Prof. Dr. Werner Mäntele, Institut für Biophysik, Fachbereich Physik, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

R. Cotterill: Biophysik, Wiley-VCH, Berlin 2007, XII + 395 S., brosch., ISBN 9783527406869

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