29.12.2009

Das Ende der Nacht

Posch, T., Freyhoff, A., Uhlmann, T. (Hrsg.)

Einige Ausprägungen der Umweltzerstörung sind so wenig im Bewusstsein verankert, dass ihre bloße Erwähnung bei manchen Zeitgenossen ungläubiges Staunen bewirkt. Künstliches Licht, das die Nacht in immer mehr Regionen der Erde zum Tag macht, ist ein solches Phänomen. Zu viel bzw. falsch verwendet, ist die allnächtliche Lichtflut für massenhaftes Sterben von Tieren verantwortlich und eine Ursache für das Ausdünnen der Artenvielfalt bei Fauna und Flora.

Astronomen waren die ersten, deren Arbeit durch zunehmende „Lichtverschmutzung“ – so die missverständliche Bezeichnung dieser globalen Umweltzerstörung – eingeschränkt wurde. Inzwischen sehen zwei Drittel der Menschheit nachts statt strahlender Milchstraße nur einen grauen Milchglasscheibenhimmel. Längst haben auch Biologen oder Mediziner die schädliche Seite des Lichts im Fokus.

Das Buch „Das Ende der Nacht“ greift dies auf und widmet sich der Thematik der Lichtverschmutzung in ihrer ganzen Bandbreite. Aspekte rücken ins Blickfeld, die – so ist zu hoffen – vielen Lesern die Augen öffnen für einen bewussteren Umgang mit künstlichem Licht. Das sehr anschaulich gestaltete und eindrucksvoll illustrierte Werk basiert auf einer von ARTE und ZDF pro-duzierten, sehenswerten Dokumentation, die unter dem Titel „Die dunkle Seite des Lichts“ Anfang 2009 ausgestrahlt wurde.

Der Leser des großformatigen Buchs geht auf eine Reise in die Finsternis, die sprichwörtliche dunkle Seite des Lichts. Umfassend informieren sechs einzelne Kapitel, die von einem Astronomen, einem Insektenkundler, einem Ornithologen, mehreren Meeresbiologen und einem Schlafforscher verfasst sind, über Folgen übermäßigen künstlichen Lichts auf Fauna, Flora und Mensch. Vorangestellt ist diesem naturwissenschaftlichen Reigen eine äußerst lesbare Einführung zu Geschichte und technischen Grundlagen des künstlichen Lichts.

Die Texte lesen sich durchweg kurzweilig, rütteln manchmal auf und sind stets hoch informativ. Einige der bildreich umrahmten Fakten erschrecken selbst „alte Hasen“ dieser Thematik. Um nur ein Beispiel von vielen zu nennen: Dem künstlichen Licht fallen allein in Deutschland pro Jahr etwa 150 Milliarden nachtaktive Insekten zum Opfer; viele Arten der Nachtfalterfauna sind akut vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden.

Die Problematik der Lichtverschmutzung und ihrer gravierenden ökologischen Konsequenzen lässt sich nur interdisziplinär betrachten und angehen. „Das Ende der Nacht“ beschreitet hierzu einen wichtigen ersten Schritt. Der Leser erhält viel Hinter-grundwissen sowie eine Menge guter Argumente zur Beurteilung und Vermeidung von Lichtverschmutzung. Letztlich gefährdet sich die Spezies Mensch übrigens selbst: Noch jung sind Erkenntnisse der biologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen künstlichen Lichts auf den Menschen, die im Kapitel „Licht auf die innere Uhr“ eindrucksvoll beschrieben sind.

Dieser überzeugenden Publikation ist eine weite Verbreitung zu wünschen – möglichst auch bis auf die Schreibtische sämtlicher Entscheidungsträger weltweit, die mit dem Thema „künstliches Licht“ in irgendeiner Weise befasst sind oder befasst sein sollten.

Stefan Oldenburg, Heidelberg

T. Posch, A. Freyhoff, T. Uhlmann (Hrsg.): Das Ende der Nacht. Die globale Lichtverschmutzung und ihre Folgen

Wiley-VCH, Weinheim 2009, 151 S., geb., ISBN 9783527409464

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