18.09.2003

Der große Schwindel - Betrug und Fälschung in der Wissenschaft

Di Trocchio

Der große Schwindel - Betrug und Fälschung in der Wissenschaft


Von F. Di Trocchio.
Campus. Frankfurt 1993. 221 S., geb.,
ISBN 3-593-35116-1

Der Autor, Mitarbeiter der Zeitschrift l’Espresso, wendet sich wohl - selbstbewußt und mit journalistischer Ader - an sensationshungrige und wenig anspruchsvolle Leser. Nur so kann man gewisse Ungereimtheiten dieses Buches verstehen. Als Universitätsdozent (Lecce) steht ihm allerdings umfangreiches Quellmaterial zur Verfügung, wie es 180 zum Teil umstrittene und wenig bekannte Literaturangaben dokumentieren, die auch als Indexersatz dienen.

Es werden 13 Beispiele angeblicher Mogelei in der Wissenschaft vorgeführt. Allerdings sind 40 der 206 Textseiten dem Lausbubenstreich des Piltdown-Menschen gewidmet. Drei hätten genügt. Bei einigen Fällen ist es schwer zu erkennen, was Di Trocchio als Mogelei meint. Die restlichen werden aber knapp, spannend und mit Humor geschildert, besonders was experimentelle Ergebnisse und ihre of haarsträubende Manipulation betrifft.

Leider verstrickt sich der Autor mehrmals in seltsame Grübeleien. So betrachtet er es als Mogelei, wenn geniale Forscher nebensächliche Effekte vernachlässigt oder unterdrückt haben, um ein wichtiges Grundgesetz zu enthüllen. Auch deshalb sind natürlich Galileo, Newton und Millikan unter Di Trocchios Schwindler geraten. Der Begriff des Gültigkeitbereiches einer naturwissenschaftlichen Theorie wird von Di Trocchio vollständig ignoriert. Wahr ist für ihn nur, was überall und immer wahr ist, wie in der Theologie oder in der Logik. Es ist dann ja nur eine Frage der Zeit, wann eine Theorie schließlich als "falsch" entlarvt wird.

Besonders schwach ist der Abschnitt zur Relativität, mit der Di Trocchio wohl auf Kriegsfuß steht. Durch Zitieren längst überholter Aussagen erweckt er den falschen Eindruck, daß Einsteins Theorie nicht stimmt oder ein Scherz ist. (In der umfangreicheren italienischen Ausgabe wird Einstein mit übertrieben roter, herausgestreckter Zunge am Umschlag gezeigt!). Nicht glücklich formuliert ist auch der Angriff auf Emilio Segrè: Sein Nobelpreis wird bezweifelt, weil es in der Begründung einen Fehler gab. Da gibt es bessere Beispiele!

Sehr treffend sind die Betrachtungen zum Betrug im Bereich der Big Science und die diesbezüglichen Sorgen um die Zukunft der Forschung. Hier geht es oft um Geld und Macht, weniger um Wissenschaft - das ist bekannt. Ein Insider hätte da noch einiges hinzufügen können. Es bleiben als Fazit etwa hundert Seiten amüsanter, aber vorsichtig zu genießender Lektüre, und vielleicht einige interessante Referenzen.

P. Waloschek, Hamburg

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