Der Traum des Philosophen
Peter Schattschneider: Der Traum des Philosophen, Hirnkost, Berlin 2024, geb., 280 S., 24 Euro, ISBN 9783988571083
Peter Schattschneider

Der Physiker Peter Schattschneider hat schon seit Langem ein schriftstellerisches Spielbein, wobei er sich bei seinen Höhenflügen der Fantasie viel stärker von der „Science“ inspirieren lässt als in der Science-Fiction sonst üblich. In Zeiten ausufernder Reihen dickleibiger Romane bevorzugt er weiterhin die pointiertere Kurzgeschichte.
In seiner neuen, schön aufgemachten Geschichtensammlung wagt er sich in simulierte Welten und halsbrecherische Raumfahrtmanöver, spielt die quantenmechanische Verschränkung mit ganzen Dörfern durch und schaut in eine extrem ferne Zukunft der Evolution in 42 Milliarden Jahren. Ein häufiges Motiv ist dabei die Hypothese des Philosophen Nick Bostrom, dass wir nur in einer simulierten Welt leben. Was auf den ersten Blick unglaublich klingt, ist eine harte philosophische Nuss, die Züge einer Verschwörungstheorie tragen kann. Bostroms Hypothese, die in ähnlicher Form schon andere – nicht zuletzt in der Science-Fiction –formuliert haben, bietet eine ähnliche erzählerische Freiheit wie die Idee der Paralleluniversen. Schattschneider spielt eine Variation der Welt gleich in der Titelgeschichte durch, in der Kants Aufklärung sich als folgenloser Traum entpuppt. Die Freude am „Was wäre, wenn?“ paart sich bei Schattschneider mit Seitenhieben auf den heutigen Zeitgeist.
Immer wieder finden sich in seinen Geschichten als „Nerd-Faktor“ mehr oder weniger offensichtliche Anspielungen auf Autor:innen und Werke der Science-Fiction. In Vor- und Nachbemerkungen erläutert er die Grundideen der Geschichten und nennt zugrundeliegende wissenschaftliche Arbeiten.
Schattschneider gelingt so ein vielschichtiges Kaleidoskop an nahrhafter Hirnkost (so auch der Name des Verlags), das stilistisch oft durch Elemente wie Tagebucheinträge, Brief- bzw. Mail-Wechsel oder Gesprächsprotokolle geprägt ist.
Alexander Pawlak